Urteil des BGH vom 29.04.2003 – X ZR 186/01
ZR 186/01 Verkündet am:
29. April 2003
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
ArbEG § 9, BGB § 242 Be
Abwasserbehandlung
a) Der dem Arbeitnehmererfinder im Hinblick auf seinen Anspruch auf angemessene
Vergütung nach § 9 ArbEG zustehende Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung
kann auf Angaben gerichtet sein, welche die Benutzung von Gegenständen
betreffen, die selbst nicht wortsinngemäß oder als abgewandelte Ausführung von
der Diensterfindung Gebrauch machen oder - bei einer Verfahrenserfindung -
nicht unmittelbares Verfahrenserzeugnis sind (hier im Falle eines unbeschränkt in
Anspruch genommenen Verfahrens bejaht für Produkte, die nach der tatsächlich
praktizierten Herstellung durch den Arbeitgeber ohne Anwendung des Verfahrens
nicht existent wären).
b) Der dem Arbeitnehmererfinder im Hinblick auf seinen Anspruch auf angemessene
Vergütung nach § 9 ArbEG zustehende Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung
kann auch Angaben über die Benutzung einschließen, die der Arbeitgeber
bereits vor unbeschränkter Inanspruchnahme der Diensterfindung vorgenommen
hat.
BGH, Urt. v. 29. April 2003 - X ZR 186/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
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Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis sowie
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das am 16. August 2001 verkündete Urteil des
2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird auf Kosten
der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgänger betreiben/betrieben eine Hütte,
in der ein Rückgewinnungsverfahren angewandt wird, bei dem aus Erzkonzentraten
und sekundären Vorstoffen insbesondere Zink und Blei (im folgenden:
Produkte) erzeugt werden. Hierbei fielen verunreinigte Abwässer an, die verschiedene
gelöste Metalle, u.a. Thallium, enthielten und für welche die Hütte im
Jahre 1992 eine Abwasserabgabe von 1,9 Mio. DM entrichten mußte. Die öf-
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fentlich-rechtliche Einleitungsgenehmigung sollte zum 31. Dezember 1992 auslaufen.
Aufgrund behördlicher Auflagen wurde die Senkung der Thallium-Werte
im Abwasser erforderlich. In einem Vertrag vom 25. Juni 1991 verpflichtete sich
die Hütte gegenüber dem Hafen R. , die Schadstoffeinleitung unter das
Niveau des Stands der Technik abzusenken.
Der Kläger ist Chemotechniker und war von 1969 bis zum
30. September 1992 bei Rechtsvorgängern der Beklagten beschäftigt. In den
Jahren 1990 und 1991 entwickelte er mit zwei Mitarbeitern ein Verfahren zur
kontinuierlichen Behandlung gelöste Metalle enthaltenden Abwassers sowie
ein Verfahren zur Behandlung Thallium enthaltenden Abwassers. Das erste
Verfahren benutzen der Rechtsvorgänger bzw. die Beklagte seit dem 1. Januar
1993, das zweite Verfahren bereits seit dem 1. August 1991, nachdem zuvor
für beide Verfahren eine Genehmigung nach § 58 Abs. 2 des Landeswassergesetzes
beantragt worden war.
Der Kläger gibt an, beide Verfahren im Jahre 1991 über seinen Vorgesetzten
dem Rechtsvorgänger der Beklagten zur Kenntnis gebracht zu haben.
Am 9. Juni 1993 meldeten die Miterfinder und der Kläger die Verfahren schriftlich
als Diensterfindungen. Die Beklagte nahm beide Erfindungen mit Schreiben
vom 20. September 1993 unbeschränkt in Anspruch und meldete sie zum
Patent an. Für das erste Verfahren wurde der Beklagten das am 13. Mai 1998
bekannt gemachte europäische Patent 0 7 und für das zweite Verfahren
das am 20. Mai 1998 bekannt gemachte europäische Patent 0 7 erteilt. Die
Erfindervergütung bis 1995 und für das Jahr 1995 setzte die Beklagte jeweils
auf 0,-- DM fest, weil die Investitionskosten die durch die patentierten Verfah-
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ren möglichen Ersparnisse überstiegen. Der Kläger widersprach der Festsetzung.
Der Kläger beansprucht mit der vorliegenden Klage die angemessene
Arbeitnehmererfindervergütung. Durch Teilurteil hat das Landgericht zunächst
über die begehrte Auskunft entschieden und unter Zurückweisung eines weiterreichenden
Begehrens im übrigen dem hauptsächlichen Auskunftsverlangen
des Klägers entsprechend die Beklagte verurteilt, dem Kläger darüber Auskunft
zu erteilen und Rechnung zu legen, in welcher Art und in welchem Umfang sie
oder ihr konzernverbundene Unternehmen seit dem 1. Januar 1993 (hinsichtlich
des ersten patentierten Verfahrens) bzw. seit dem 1. August 1991 (hinsichtlich
des zweiten patentierten Verfahrens) Produkte hergestellt, angeboten,
in den Verkehr gebracht und daraus entgeltliche Vorteile gezogen haben, bei
deren Produktion die anfallenden Abwässer durch das Verfahren nach Anspruch
1 des europäischen Patents 0 7 bzw. nach Anspruch 1 des europäischen
Patents 0 7 behandelt worden sind, und zwar unter Angabe der Herstellungsmengen
und -zeiten, der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach
Liefermengen, -zeiten und -preisen, und der Namen und Anschriften der jeweiligen
Abnehmer sowie der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten
Gestehungskosten und des erzielten Gewinns.
Die Berufung der Beklagten gegen diese Verurteilung, die das Landgericht
mit einem Wirtschaftsprüfervorbehalt versehen hat, ist erfolglos geblieben.
Die Beklagte verfolgt nunmehr mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen -
Revision ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger ist dem Rechtsmittel
entgegengetreten.
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Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat - dem Landgericht folgend - gemeint, der
Kläger könne zu Art und Umfang der Herstellung und sonstigen Benutzung der
Produkte, bei deren Herstellung die anfallenden Abwässer mittels eines der
beiden durch europäische Patente geschützten Verfahren behandelt worden
sind, zum Zwecke der Auskunft im Hinblick auf den dem Grunde nach bestehenden
Anspruch auf angemessene Arbeitnehmererfindervergütung Angaben
verlangen, weil die betreffenden Umstände zur Berechnung des Erfindungswerts
auf der Grundlage der Lizenzanalogie von Bedeutung seien. Es liege
durchaus nahe, daß bei einer freien Erfindung Vertragsparteien als Bezugsgröße
den Umsatz mit den Produkten gewählt hätten, bei deren Herstellung
erfindungsgemäß gereinigte Abwässer angefallen seien. Durch diesen Anfall
hätten die geschützten Verfahren eine Produktbezogenheit, obwohl sie die
Produkte nicht hervorbrächten, sie sich auf die Eigenschaften der hergestellten
Produkte nicht auswirkten und ihr Erfolg hauptsächlich darin bestehe, die bei
der Herstellung der Produkte anfallenden Abwässer in stärkerem Maße als bisher
von Schadenstoffen zu reinigen, so daß insbesondere die Abwasserabgabenlast
der Hütte deutlich vermindert werde.
Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
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2. Zu Unrecht wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht
seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, die Arbeitnehmererfindervergütung
des Klägers könne unter Heranziehung der sog. Lizenzanalogie berechnet
werden, und daß es nicht lediglich eine Berechnung nach dem erfaßbaren
betrieblichen Nutzen für möglich gehalten hat, die nach Meinung der Beklagten
im Streitfall geboten ist.
a) Hat der Arbeitgeber die Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch
genommen, steht dem Arbeitnehmererfinder einen Anspruch auf angemessene
Vergütung zu (§ 9 Abs. 1 ArbEG). Ein Kriterium für die Bemessung dessen,
was angemessen ist, ist die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung
(§ 9 Abs. 2 ArbEG) oder der Erfindungswert (vgl. Sen.Urt. v. 16.04.2002
- X ZR 127/99, GRUR 2002, 801, 802 - abgestuftes Getriebe; BGHZ 137, 162,
166 - Copolyester II). Dieser Wert ist einer unmittelbaren Berechnung nicht
zugänglich; er kann nur mittels eines oder gegebenenfalls auch mehrerer Hilfskriteriums/-
kriterien ermittelt werden. In der Regel ist insoweit die Methode der
Lizenzanalogie geeignet; regelmäßig ist deshalb sie bei der Ermittlung der angemessenen
Vergütung des Arbeitnehmererfinders heranzuziehen (Sen.Urt. v.
16.04.2002 - X ZR 127/99, GRUR 2002, 801, 802, 803 - abgestuftes Getriebe).
Dies führt dazu, daß der aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitete,
in ständiger Rechtsprechung anerkannte und als solcher auch von der Revision
nicht in Zweifel gezogene Auskunftsanspruch des Arbeitnehmererfinders
grundsätzlich die dem Arbeitgeber zumutbaren Angaben einschließt, deren der
Arbeitnehmererfinder bedarf, um zu ermitteln, welche Gegenleistung einem
gedachten Lizenzgeber zustehen würde, wenn vernünftige Parteien Art und
Umfang der Nutzung der Erfindung durch den Arbeitgeber zum Gegenstand
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einer vertraglichen Vereinbarung gemacht hätten. Einem Arbeitnehmererfinder,
der in entschuldbarer Weise über den Erfindungswert im Unklaren ist, muß angesichts
der besonderen Eignung der Lizenzanalogie diese Methode der Ermittlung
als nächstliegend erscheinen, wenn es darum geht, die bestehende
Unklarheit auf sachgerechte Weise zu beseitigen. Ein Verlangen nach Vergütung
auf dieser Grundlage ist deshalb regelmäßig so lange durch Treu und
Glauben gedeckt, wie dem Arbeitnehmererfinder nicht Tatsachen bekannt sind
oder hätten sein müssen, die ergeben, daß in seinem Fall die Lizenzanalogie
ungeeignet und ein anderes Hilfskriterium zur Ermittlung des Erfindungswerts
heranzuziehen ist.
b) Solche Tatsachen sind im Streitfall nicht festgestellt. Daß dem ein
Verstoß gegen § 286 ZPO zugrunde liege, macht die Revision nicht geltend.
Die Meinung, im Streitfall sei die Vergütung nach dem erfaßbaren betrieblichen
Nutzen zu bestimmen, hat die Revision allein mit der Feststellung des Berufungsgerichts,
die Menge des patentgemäß gereinigten Wassers sei als Bezugsgröße
ungeeignet, sowie mit der These begründet, als Bezugsgröße für
die Bestimmung des Erfindungswerts nach der Lizenzanalogie dürfe ein Produkt
nicht gewählt werden, das völlig außerhalb des Schutzbereichs des erfindungsgemäßen
und zugunsten des Arbeitgebers geschützten Verfahrens liege.
Die hiermit angesprochenen Gesichtspunkte betreffen unmittelbar lediglich die
gegenüber der hier
rörterten Frage nachrangige Feststellung, an welche tatsächlichen
Umstände vernünftige Parteien im Falle eines Lizenzvertrags die
Höhe der Gegenleistung geknüpft hätten. Auch mittelbar stehen diese Gesichtspunkte
der Wahl der Lizenzanalogie nicht entgegen, wie die nachfolgenden
Ausführungen ergeben.
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3. Die dem angefochtenen Urteil ferner zugrundeliegende Annahme des
Berufungsgerichts, vernünftige Vertragsparteien hätten eine Lizenz zur Nutzung
der beiden patentgemäßen Verfahren unter Berücksichtigung der Menge
der Produkte bemessen, bei deren Herstellung die Abwässer angefallen sind,
zu deren Reinigung die patentgemäßen Verfahren eingesetzt wurden, bekämpft
die Revision ebenfalls ohne Erfolg.
a) Soweit das Rechtsmittel in Frage stellt, daß das Berufungsgericht mit
seiner von der Revision als vage bezeichneten Formulierung "liege durchaus
nahe" überhaupt eine Feststellung über den Inhalt eines Lizenzvertrags getroffen
hat, wie ihn vernünftige Parteien vereinbart hätten, wird übersehen, daß
das Oberlandesgericht eingangs seiner Ausführungen zur Sache zustimmend
das landgerichtliche Urteil erwähnt hat. Dort ist ausgeführt, bei dem metallurgischen
Herstellungsprozeß werde das vornehmlich als Kühlwasser eingesetzte
Frischwasser mit Schwermetallen kontaminiert. Vor der Einleitung müßten diese
Schwermetalle bis auf bestimmte, öffentlich-rechtlich vorgeschriebene
Richtwerte entfernt werden. Hierzu setze die Beklagte die beiden erfindungsgemäßen
Verfahren ein. Diese stünden daher in unmittelbarem Zusammenhang
mit dem Produktionsprozeß, auch wenn sie nicht in den von der Beklagten
hergestellten und verkauften Produkten verkörpert seien. Die Abwasserreinigung
sei Voraussetzung der Produktion, weil die hierbei notwendigerweise
entstehenden kontaminierten Abwässer entsorgt werden müßten und die erforderliche
wasserrechtliche Einleitungsgenehmigung nur erteilt werde, wenn bestimmte
Richtwerte nicht überschritten würden. Da eine Produktion ohne Klärung
der hierbei entstehenden Abwässer rechtlich unmöglich wäre, seien die
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Vorteile, welche die Beklagte aus der Verwertung der Verfahren ziehe, mit den
Verkaufsumsätzen der produzierten Metalle verknüpft. Im Gesamtzusammenhang
der Entscheidung des Berufungsgerichts bedeutet daher die von der Revision
als vage bezeichnete Aussage des Berufungsgerichts, daß aus diesen
Gründen die Wahl des Umsatzes mit den Produkten naheliegend sei und daß
unter den Gegebenheiten des Streitfalls mithin gerade die Benutzungshandlungen,
über die der Kläger Auskunft begehrt, für vernünftige Lizenzvertragsparteien
bedeutsame Umstände im Hinblick auf die Angemessenheit der Gegenleistung
gewesen wären.
Diese tatrichterliche Feststellung beruht auf einer angesichts des Streitstoffs
möglichen Würdigung. Ein insoweit beachtlicher Rechtsfehler wird von
der Revision nicht aufgezeigt.
b) Der Würdigung des Berufungsgerichts steht nicht entgegen, daß die
Beklagte - wie die Revision geltend macht - in den Tatsacheninstanzen vorgetragen
hatte, der Frischwasserverbrauch und die Menge des patentgemäß gereinigten
Abwassers seien unabhängig von der Menge der Produkte, über die
Rechnung gelegt werden solle. Auch wenn man berücksichtigt, daß Produkte
dieser Art auch bei Anwendung eines anderen zugelassenen Reinigungsverfahrens
hätten hergestellt werden und Umsatzträger bei der Beklagten hätten
sein können, ändert das nämlich nichts daran, daß die Produkte, auf die sich
die Auskunft bzw. Rechnungslegung beziehen soll, ohne Benutzung der patentgemäßen
Verfahren nicht existent wären und deshalb als eine Folge dieser
Benutzung angesehen werden können, die der Beklagten wirtschaftlichen Nutzen
gebracht hatte bzw. zu bringen geeignet ist. Nach der tatsächlich prakti-
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zierten Handhabung im Betrieb der Beklagten drückt sich also in den Produkten
ein Vorteil aus, den die Diensterfindungen des Klägers der Beklagten verschafft
haben. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise bietet deshalb der Umfang
dieser Produktion eine taugliche Grundlage zur Festlegung einer sachgerechten
Lizenz. Die Umstände des Streitfalls erlauben damit die Feststellung,
vernünftige Vertragsparteien hätten die zur Realisierung des von der Beklagten
erlangten Vorteils dienende Benutzung der Produkte als einen Maßstab für die
dem Kläger zustehende Gegenleistung genommen.
Das gilt um so mehr, als diese Feststellung im Einklang mit dem Grundsatz
steht, daß der Arbeitnehmererfinder an allen wirtschaftlichen (geldwerten)
Vorteilen beteiligt werden soll, die seinem Arbeitgeber aufgrund der Diensterfindung
(kausal) zufließen (vgl. Regierungsbegr. z. ArbEG, BT-Drucks. II/1648
S. 26 = BlPMZ 1957, 232), und auch nicht davon ausgegangen werden kann,
daß vernünftigen Vertragsparteien ein anderer Maßstab überhaupt als vorzugswürdig
hätte erscheinen können. Der technische und wirtschaftliche Nutzen
beider Erfindungen besteht, wie das Berufungsgericht insoweit unbeanstandet
durch die Revision festgestellt hat, nicht in der Menge des gereinigten Abwassers.
Das unmittelbar hergestellte Verfahrenserzeugnis bietet deshalb nicht die
Gewähr für die sachgerechte Erfassung des Erfindungswerts. Da die patentierten
Verfahren selbst nicht im Wege entgeltlicher Geschäfte verwertet wurden
und werden, trifft dies auch für den Umsatz mit dem Gegenstand der
Schutzrechte selbst zu. Dafür, daß die deshalb von dem Kläger ins Auge gefaßte
Anknüpfungstatsache im Vergleich zu einer von der Beklagten im Termin
zur mündlichen Verhandlung herausgestellten Beteiligung an der Ersparnis bei
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der Abwasserabgabe zu einer überhöhten Vergütung führen wird oder gar
muß, ist schließlich nichts ersichtlich.
c) Zu Unrecht hält die Revision dem Berufungsgericht ferner entgegen,
im Zweifel würden Lizenzgebühren nur für solche Benutzungshandlungen vereinbart,
die Patentverletzungen darstellten, wenn sie nicht gestattet wären. An
welche tatsächlichen Umstände vernünftige Parteien die Gegenleistung geknüpft
hätten, ist eine für jeden Einzelfall zu klärende Tatfrage (vgl. Sen.Urt. v.
14.03.2000 - X ZR 115/98, GRUR 2000, 685 - formunwirksamer Lizenzvertrag).
Im Falle der Benutzung des Patents durch einen hierzu nicht befugten außenstehenden
Dritten ist ihre Beantwortung zwar wegen dieser Benutzungshandlungen
nötig. Selbst für diesen Fall leitet die von der Revision insoweit angeführte
Kommentarstelle (Benkard, PatG/GebrMG, 9. Aufl., § 15 Rdn. 73) hieraus
jedoch nicht ab, daß vorgegeben sei, wie die Berechnung des Schadensersatzes
vorgenommen werden müsse. Der Zweck, eine angemessene Entschädigung
bzw. - im Verhältnis des Arbeitgebers zu dem Arbeitnehmererfinder
- eine angemessene Vergütung zu ermöglichen, verlangt auch nur, das zu
berücksichtigen, was üblicherweise in vergleichbaren Fällen einer vertraglichen
Vereinbarung zugrunde gelegt wird. Hierbei handelt es sich um einen Grundsatz,
der nicht nur für die Höhe eines etwaigen prozentualen Lizenzsatzes,
sondern auch im übrigen ein sachgerechtes Ergebnis erwarten läßt und der
deshalb auch bei der Wahl grundlegender Anknüpfungstatsachen Geltung beansprucht.
Falls vergleichbare Fälle nicht feststellbar sind, kann eine Üblichkeit
jedoch nicht entscheidend sein. Es ist an Hand der besonderen Umstände des
jeweiligen Streitfalls festzustellen, was vernünftige Parteien unter angemessener
Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vereinbart haben würden,
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wenn sie den gegebenen Benutzungssachverhalt zum Gegenstand einer vertraglichen
Übereinkunft gemacht hätten (Sen.Urt. v. 16.04.2002 - X ZR 127/99,
GRUR 2002, 801, 803 - abgestuftes Getriebe).
Das Berufungsgericht ist nach dem Gesamtzusammenhang seiner Entscheidungsgründe
von einem solchen Fall ohne vergleichbare Vorbilder ausgegangen.
Die Revision zeigt demgegenüber nicht auf, daß vergleichbare Fälle
hätten ermittelt werden können, in denen die Lizenz in anderer Weise bestimmt
wurde. Es verfängt deshalb auch nicht, wenn die Revision es als absolut außergewöhnlich
bezeichnet, als Bezugsgröße den Umsatz mit einem Produkt zu
wählen, welches in keiner Verfahrensstufe mit dem lizenzierten Verfahren erzeugt
werde und auf welche sich der Patentschutz des lizenzierten Verfahrens
überhaupt nicht - auch nicht teilweise und indirekt - erstrecke, und dabei ergänzend
angegeben hat, dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten sei weder
aus seiner Berufstätigkeit als Rechtsanwalt noch in der Lizenzvertragsabteilung
eines großen Industrieunternehmens noch aus Literatur und Judikatur
ein vergleichbarer Lizenzvertrag bekannt.
d) Es stellt schließlich auch keinen Rechtsfehler bei der tatrichterlichen
Würdigung dar, daß das Berufungsgericht die Besonderheiten des zu beurteilenden
Sachverhalts nicht zum Anlaß genommen hat, von Amts wegen einen
Sachverständigen hinzuzuziehen. Der Bundesgerichtshof hat mehrfach zu erkennen
gegeben, daß ein ständig mit Patentstreitsachen befaßtes und auch mit
Arbeitnehmererfindersachen vertrautes Gericht sich gutachterlicher Hilfe nicht
notwendiger Weise bedienen muß (Sen.Urt. v. 30.05.1995 - X ZR 54/93,
GRUR 1995, 578, 579 - Steuereinrichtung II, m.w.N.). Auch Streitfälle, für die
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vergleichbare Sachverhalte nicht feststellbar sind, erfordern nicht generell eine
Sachkunde, die einem erfahrenen Gericht nicht zugetraut werden könnte.
4. Der von den Tatsacheninstanzen ausgesprochenen Verpflichtung der
Beklagten zu Auskunft und Rechnungslegung über die Benutzung der Produkte
kann schließlich auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die Zuerkennung
einer Lizenzgebühr auf der Grundlage der Benutzung der Produkte sei
einer Vereinbarung zwischen Lizenzvertragsparteien nicht zugänglich, weil sie
kartellrechtswidrig wäre. Die Regeln gegen Wettbewerbsbeschränkungen werden
zwar auch dann für bedeutsam angesehen, wenn im Wege der Lizenzanalogie
der Schadensersatzanspruch gegenüber einem Schutzrechtsverletzer
ermittelt werden muß (Busse, PatG, 5. Aufl., § 139 Rdn. 152 m.N.). An einer
Bemessung, die mit Beschränkungen verbunden ist, die mit dem maßgeblichen
Inhalt des Schutzrechts unvereinbar sind, fehlt es jedoch, wenn hierbei an tatsächlich
praktizierte Handlungen angeknüpft wird, die in dieser Form ohne die
Benutzung der Erfindung nicht möglich gewesen wären. Das vom Inhalt des
Schutzrechts umfaßte Untersagungsrecht hätte dann nämlich auch erlaubt,
diese Handlungen zu unterbinden. Ein vergleichbarer Fall ist hier zu beurteilen,
da nach den getroffenen Feststellungen die Produkte, hinsichtlich derer Auskunft
erteilt und Rechnung gelegt werden soll, ohne Benutzung der patentgemäßen
Verfahren nicht existent wären.
5. Das Berufungsgericht hat die Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht
der Beklagten auch auf die Handlungen erstreckt, welche in der Zeit seit
Beginn der Nutzung der patentgemäßen Reinigungsverfahren bis zur unbeschränkten
Inanspruchnahme der Diensterfindungen begangen worden sind.
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Zur Begründung hat das Berufungsgericht lediglich darauf abgestellt, die angemessene
Erfindervergütung könne nicht berechnet werden, wenn dem Kläger
nicht auch die Kostenfaktoren zur Kenntnis gebracht würden, die ganz
überwiegend im Zusammenhang mit der Benutzungsaufnahme angefallene
Investitionskosten darstellten. Das könnte möglicherweise die Notwendigkeit
von Angaben zu dem zur Herstellung der Produkte erforderlichen Aufwand
deutlich machen, bildet aber keine tragfähige Grundlage für eine Auskunftspflicht
in dem vom Landgericht ausgesprochenen Umfange. Die Benutzungshandlungen
vor der unbeschränkten Inanspruchnahme der Erfindungen einschließende
Verurteilung der Beklagten erweist sich aber aus einem anderen
Grund als richtig.
a) Vor unbeschränkter Inanspruchnahme einer Diensterfindung kann der
Arbeitnehmererfinder allerdings eine Vergütung nach § 9 ArbEG für Benutzungshandlungen
des Arbeitgebers nicht beanspruchen. Gemäß § 9 Abs. 1
ArbEG kann Arbeitnehmererfindervergütung erst verlangt werden, sobald der
Arbeitgeber die Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch genommen hat. Als
Folge der unbeschränkten Inanspruchnahme ordnet das Gesetz jedoch nicht
etwa nur einen Vergütungsanspruch wegen seitdem erfolgender Nutzung des
Schutzrechts (so aber Bartenbach/Volz, ArbEG, 4. Aufl., § 9 Rdn. 11, insbesondere
unter Hinweis auf ständ. Praxis der Schiedsstelle), also nicht nur wegen
bestimmter Benutzungshandlungen an. Geschuldet ist vielmehr ohne jede
Einschränkung die angemessene Vergütung. In Anbetracht des bereits erwähnten
Grundsatzes, daß der Arbeitnehmererfinder an allen wirtschaftlichen
(geldwerten) Vorteilen zu beteiligen ist, die seinem Dienstherrn aufgrund der
Diensterfindung (kausal) tatsächlich zufließen, ist damit der angemessene An-
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teil hieran gemeint. Dies berücksichtigt auch, daß durch unbeschränkte Inanspruchnahme
nicht zum Ausdruck kommt, möglicher Nutzen der Diensterfindung
solle in irgendeiner Hinsicht nicht beansprucht werden. Das kann zur
Folge haben, daß nach der unbeschränkten Inanspruchnahme der Erfindung
auch die Tatsache, daß es bereits vorher zu Benutzungshandlungen gekommen
ist, berücksichtigt werden muß, nämlich dann, wenn anderenfalls nicht
gewährleistet wäre, daß der Arbeitnehmererfinder den ihm gebührenden angemessenen
Anteil erhält. So könnte es beispielsweise nicht als angemessen
im Sinne des § 9 Abs. 1 ArbEG angesehen werden, wenn der Arbeitgeber, dem
es gelingt, in der Frist von vier Monaten, die ihm unter Umständen gemäß § 6
Abs. 2 ArbEG zur Inanspruchnahme einer gemeldeten Diensterfindung bleibt,
die wesentlichen Vorteile der Diensterfindung zu realisieren, eine Vergütung
lediglich wegen einiger noch verbleibender Verwertungshandlungen nach der
Inanspruchnahme leisten müßte. Sobald der Arbeitgeber eine Diensterfindung
eines Arbeitnehmererfinders unbeschränkt in Anspruch genommen hat, hat er
aber auch dann alle wirtschaftlichen Vorteile, welche die Diensterfindung für
ihn herzugeben vermag, für sich beansprucht, wenn der Arbeitnehmer die
Pflicht zu unverzüglicher Meldung (§ 5 ArbEG) nicht gehörig erfüllt hat. Es
kann deshalb auch sachgerecht sein, im Rahmen der Ermittlung der angemessenen
Beteiligung des Arbeitnehmererfinders an den dem Arbeitgeber zugeflossenen
wirtschaftlichen Vorteilen zu berücksichtigen, daß allein dem Arbeitgeber
vor der förmlichen Meldung vorgenommene Benutzungshandlungen
möglich waren, weil er auf andere Weise von der Diensterfindung des Arbeitnehmers
erfahren hat, und er sich diese bereits damals nutzbar gemacht hat.
Dieses Verständnis von § 9 Abs. 1 ArbEG ist auch im Hinblick darauf nur konsequent,
daß die Schutzrechtserteilung und - sofern die erlangte Vorzugsstel-
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lung unberührt bleibt - die Rückwirkung eines Widerrufs, einer Nichtigerklärung
oder einer Löschung des Schutzrechts nach allgemeiner Meinung ebenfalls
keine Zäsurwirkung hinsichtlich der geschuldeten Vergütung haben.
b) Da die Beklagte bzw. ihr Rechtsvorgänger von Anbeginn der Benutzung
der später patentierten Verfahren auf Grund der Diensterfindung des Klägers
tatsächlich eine Vorzugsstellung innehatten, kommt mithin auch im Streitfall
in Betracht, daß die vor der unbeschränkten Inanspruchnahme begangenen
Handlungen der Angemessenheit der geschuldeten Arbeitnehmervergütung
mitbestimmen. Dies macht eine Auskunft bzw. Rechnungslegung auch insoweit
nötig.
c) Der Zuerkennung eines Anspruchs mit diesem Inhalt steht im Streitfall
auch nicht entgegen, daß der hier geltend gemachte Anspruch auf Auskunft
bzw. Rechnungslegung seine Grundlage in § 242 BGB hat und deshalb nur
Angaben umfassen kann, die zu machen der Beklagten auch zugemutet werden
kann. Soweit Angaben zu Benutzungshandlungen verlangt werden, die vor
unbeschränkter Inanspruchnahme der Diensterfindung begangen wurden, verdient
allerdings der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit besondere Beachtung. Da
der Arbeitgeber, sobald er die Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch genommen
hat, mit der Notwendigkeit rechnen muß, Auskunft zu erteilen bzw.
Rechnung zu legen, kann er sich hinsichtlich der nach diesem Zeitpunkt begangenen
Benutzung darauf einrichten, Angaben zu Umständen, deren Kenntnis
die sachgerechte Ermittlung der angemessenen Vergütung erlauben, auch
noch nach Jahren machen zu können. Dies ist im Hinblick auf Handlungen, die
er vor der unbeschränkten Inanspruchnahme begangen hat, insbesondere aber
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hinsichtlich maßgeblichen Geschehens vor der Erfindungsmeldung durch den
Arbeitnehmererfinder nicht in gleicher Weise gegeben. Bevor der Arbeitnehmer
die Meldung nach § 5 ArbEG gemacht hat, ist offen, ob das eine Auskunftsbzw.
Rechnungslegungspflicht einschließende Rechtsverhältnis überhaupt in
Betracht kommt; vor unbeschränkter Inanspruchnahme der gemeldeten Diensterfindung
ist die Vergütungspflicht nach § 9 ArbEG - wie ausgeführt - noch dadurch
bedingt, daß der Arbeitgeber sich zu dieser Maßnahme auch tatsächlich
entschließt. Jedenfalls, was die Nutzung vor der Erfindungsmeldung betrifft,
wird deshalb in Erwägung zu ziehen sein, daß der Arbeitgeber bei zumutbarem
Aufwand nicht mehr zu ins Einzelne gehenden Angaben in der Lage ist, wenn
er erst lange danach auf Auskunft bzw. Rechnungslegung in Anspruch genommen
wird.
Im Streitfall führt diese Überlegung freilich nicht zu einer Einschränkung
der ausgesprochenen Verurteilung. Denn die Auskunftsklage ist bereits 1995
erhoben worden, so daß in Anbetracht der gewöhnlichen Aufbewahrungsfristen
für Geschäftsunterlagen davon ausgegangen werden kann, daß die damals
vorhandenen Unterlagen die hier interessierenden Vorgänge aus 1991 und
den folgenden Jahren wiedergeben und an Hand dieser Unterlagen die erforderlichen
Angaben gemacht werden können. Das angefochtene Urteil weist
nichts aus, was hiergegen spricht. Auch die Revision ist nicht darauf gestützt,
daß Angaben verlangt werden, die aus den zuletzt erörterten Umständen unzumutbar
seien, etwa weil die Beklagte oder ihre Rechtsvorgänger die Notwendigkeit
der nun verlangten Angaben zunächst nicht erkannt hätten und die
betreffenden Umstände im nachhinein unschwer nur aus Unterlagen zu erse-
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hen gewesen wären, die in Folge dieser Unkenntnis von einer Vernichtung
nicht ausgenommen worden seien.
6. Gegen die weiteren zur Rechtfertigung der ausgesprochenen Verurteilung
getroffenen Feststellungen sind Rügen nicht erhoben. Rechtsfehler sind
insoweit nicht ersichtlich. Das angefochtene Urteil hat damit Bestand. Die Kostenentscheidung
folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf
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