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Anwaltsgebühren nach dem RVG

Die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren ist gesetzlich geregelt. Über Jahrzehnte wurden die Gebühren des Anwalts durch die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) festgelegt. Mit Wirkung zum 1.7.2004 ist die BRAGO unter teilweiser Änderung der Gebührenstrukturen durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abgelöst worden.

Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) bestimmt, für welche Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes Gebühren in welchem Umfang anfallen. Im RVG orientiert sich die Höhe der Gebühren bei Tätigkeiten im Zivilrecht (Arbeitsrecht) an dem Wert des Gegenstandes, der von einem Anwalt bearbeitet wird. Die gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren fallen mit zunehmendem Gegenstandswert deutlich höher aus.

Je nach Art der Tätigkeiten des Anwaltes unterscheidet man 3 Leistungsbereiche:

Manche Gebühren sind dabei ganz oder teilweise auf andere Gebühren anzurechnen (wie z. B. die Gebühren der außergerichtlichen Vertretung teilweise auf die später anfallenden Gebühren für die Vertretung in einem gerichtlichen Prozess), demgegenüber bleiben andere Gebühren nebeneinander bestehen. Für den juristischen Laien ist das RVG daher nur schwer zu verstehen.

Beratung

Für die anwaltliche Beratung, also die Erteilung eines Rechtsrats oder einer (telefonischen) Auskunft bestimmt § 34 RVG seit dem 01.07.2006, dass der Anwalt auf eine Gebührenvereinbarung mit dem Mandanten hinwirken soll.

Sofern der Anwalt die Erstberatung (Orientierungsgespräch) kostenlos anbietet, gilt die Unentgeltlichkeit als vereinbart.

Wurde keine Gebührenvereinbarung getroffen, so erhält der Anwalt für die vorgenannten Tätigkeiten Gebühren nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, d.h. die angemessene Vergütung nach § 612 BGB bzw. § 632 BGB (für Gutachten).

Wurde daher mit dem Anwalt keine Gebührenvereinbarung für dessen Beratungstätigkeit getroffen, hilft zunächst ein Blick auf den Gebührenrahmen zwischen einer 0,1-Gebühr und einer 1,0-Gebühr der Streitwert-Tabelle. Allerdings dürfen die Kosten einer ersten Beratung gegenüber einem Verbraucher (=Arbeitnehmer) unabhängig von der Höhe des Gebührenwertes den Betrag von 190,00 € zuzüglich 20% Auslagenpauschale (max. 20,00 €) und zuzüglich der gesetzlichen MwSt nicht überschreiten, also nicht höher als insgesamt 249,90 € liegen, soweit nicht ausdrücklich im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung etwas anderes vereinbart worden ist.

Rechenbeispiel: Sie lassen sich wegen einer bevorstehenden Versetzung anwaltlich beraten. In der Regel wird hier als Gegenstandswert 1 Bruttomonatseinkommen angesetzt. Sollten Sie 3.200,00 EUR verdienen, würde bei einer 1,0 Gebühr als Anwaltshonorar einschließlich Auslagen und MWSt 282,03 EUR betragen. Da die Kosten einer ersten Beratung gegenüber Verbrauchern jedoch "gedeckelt" sind, darf Ihr Anwalt höchstens 249,90 EUR mit Ihnen abrechnen.

Aussergerichtliche Vertretung

Für die außergerichtliche Vertretung, zum Beispiel ein Schreiben an den Arbeitgeber wegen geschuldeter Löhne, erhält der Anwalt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG, deren Gebührenrahmen zwischen einer 0,5 - Gebühr und einer 2,5 - Gebühr und deren Mittelgebühr somit bei einer 1,5 - Gebühr liegt. Die Höhe der 1,5 - Gebühr ist anhand der Gebührentabelle zu ermitteln.

Für nicht umfangreiche und nicht schwierige außergerichtliche Vertretungen ist die Gebühr immer auf 1,3 begrenzt. Auf die Gebühren für die Vertretung vor Gericht ist die Gebühr für die außergerichtliche Vertretung zur Hälfte, höchstens jedoch mit einem Gebührensatz von 0,75 anzurechnen.

Erzielen Sie in einer Streitigkeit mit Ihrem Arbeitgeber eine Einigung und hat Ihr Anwalt daran mitgewirkt, so erhält Ihr Anwalt zusätzlich eine 1,5 - Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG.

Rechenbeispiel aussergerichtliche Vertretung: Ihr Anwalt fordert Ihren ehemaligen Arbeitgeber auf, Ihnen ein Zeugnis zu erteilen oder abzuändern. Der Gegenstandswert beträgt 1 Bruttomomatseinkommen (z.B. 2.800,00 EUR). Für die außergerichtliche Vertretung entsteht eine 1,3 Gebühr. Bei dem Gegenstandswert von 2.800,00 EUR betragen die Anwaltskosten 261,30 EUR zzgl. 20,00 EUR Auslagen plus MWSt 53,45 EUR, insgesamt also 334,75 EUR. Sollte Ihr Anwalt an einer Einigung über den Inhalt des Zeugnisses mitwirken, entsteht zusätzlich eine 1,5 Einigungsgebühr, insgesamt somit eine 2,8 Gebühr = 582,80 EUR zzgl. 20,00 EUR Auslagen plus 110,73 EUR MWSt, also insgesamt 693,53 EUR.

Gerichtliche Vertretung

Im Arbeitsgerichtsprozess erster Instanz gibt es einen gravierenden Unterschied zu der sonst üblichen Kostenregelung. Während in normalen Zivilprozessen derjenige alles bezahlt, der den Prozess verliert, zahlt im Arbeitsgerichtsprozess in der ersten Instanz jeder die Kosten seines Anwalts selbst. Das heißt, Sie bezahlen Ihren Anwalt selbst dann, auch wenn Sie einen Monatslohn einklagen, den Ihnen der Arbeitgeber ohne jeglichen Rechtsgrund nicht gezahlt hat.

Für die Tätigkeit vor dem Arbeitsgericht sind feste Gebühren vorgesehen. Das ist zum einen die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG in Höhe einer 1,3 - Gebühr. Zum anderen erhält der Rechtsanwalt für die Vertretung in einem (oder mehreren) Gerichtstermin(en) nach Nr. 3104 VV RVG eine 1,2 - Terminsgebühr. Eine besondere Gebühr für die Vertretung bei einer Beweisaufnahme, wie sie die (alte) BRAGO vorsah, fällt nicht mehr an. Die Einigungsgebühr im gerichtlichen Verfahren ist nach Nr. 1003 VV RVG auf eine 1,0 - Gebühr beschränkt.

Für die Vertretung in einem normalen erstinstanzlichen Rechtsstreit fallen also maximal 2,5 Gebühren (im Falle einer Einigung maximal 3,5 Gebühren) an.

Rechenbeispiel gerichtliche Vertretung: Ihr Anwalt erhebt in Ihrem Auftrag gegen eine Kündigung Klage vor dem Arbeitsgericht. Der Streitwert berechnet sich aus dem 3-fachen Bruttomonatslohn (z.B. 2.200 EUR x 3 Monate = 6.600 EUR). Die Kosten betragen 526,50 EUR für die 1,3 Verfahrensgebühr plus 486,00 EUR für die 1,2 Terminsgebühr. Zuzüglich 20,00 EUR Auslagen und MWSt betragen die Anwaltskosten, die jede Partei in der ersten Instanz selbst tragen muss, egal ob sie gewinnt oder verliert, 1.228,68 EUR. Sollte es zu einem Vergleich kommen, würden die Kosten insgesamt 1.710,63 EUR betragen.

Berufung

Für die Vertretung im Berufungsverfahren erhält Ihr Anwalt nach Nr. 3200 VV RVG eine 1,6 - Verfahrensgebühr sowie für die Wahrnehmung eines oder mehrer Gerichtstermine im Berufungsverfahren nach Nr. 3202 VV RVG eine 1,2 - Terminsgebühr, maximal also eine 2,8 - Gebühr (bzw. 3,8 - Gebühr im Falle einer Einigung).

Erst in der Berufungsinstanz ist es so, dass derjenige der "am meisten Recht hat" am wenigsten bezahlt. Die Kosten trägt also der, der den Prozess verliert. Bei teilweisem Unterliegen werden die Kosten verhältnismäßig geteilt. Dadurch kann sich das Prozessrisiko erhöhen. Der Verlierer zahlt nicht nur einen, sondern zwei Anwälte (den des Gegners mit). Wenn hier eine Rechtsschutzversicherung das Kostenrisiko abdeckt, verhandelt es sich deutlich leichter. Bedenken Sie, dass die meisten Arbeitgeber über keine Rechtsschutzversicherung für Arbeitsgerichtsprozesse verfügen. Allein die Aussicht, das hohe Kostenrisiko einer Berufung zu vermeiden, kann daher die Bereitschaft des Arbeitgebers enorm erhöhen, einen für den Arbeitnehmer guten Vergleich abzuschließen (Abfindung).

Zeithonorar

Häufig schließen Mandanten, insbesondere Firmen, mit ihren Rechtsanwälten schriftliche Vergütungsvereinbarungen. Diese sehen die Vergütung der Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht auf der Basis des tatsächlich angefallenem Zeitaufwand des Rechtsanwaltes vor.
Die dabei vereinbarten Stundenhonorare variieren je nach Zuschnitt und Größe der Anwaltskanzlei und der fachlichen Qualifikation und Berufserfahrung des Anwaltes etwa zwischen 150,00 € und 600,00 € netto zuzüglich Mehrwertsteuer.

Gerade für Unternehmen, die einen großen Bedarf an anwaltlicher Beratung und anwaltlicher Unterstützung bei der Gestaltung von Verträgen und der außergerichtlichen Vertretung ihrer Anliegen haben, erweist sich die Vereinbarung von festen Stundenhonoraren insbesondere bei hohen Gegenstandswerten häufig als günstiger gegenüber einer Abrechnung jeder einzelnen Tätigkeit des Anwaltes nach dem RVG.

Hinzu kommt, dass die Abrechnung des bei der Bearbeitung durch den Anwalt angefallenen Stundenaufwandes in der Regel transparenter und leichter nachvollziehbar ist.