Urteil des BGH vom 14.06.2005 – VI ZR 25/04
VI ZR 25/04 Verkündet am:
14. Juni 2005
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 831 Gd, 823 Aa, Ha, 840 Abs. 1 und 2;
SGB VII § 106 Abs. 3, 3. Alt.
a) Der nicht selbst auf der gemeinsamen Betriebsstätte tätige Unternehmer, der neben
seinem nach § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII haftungsprivilegierten Verrichtungsgehilfen
lediglich nach §§ 831, 823, 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner
haftet, ist gegenüber dem Geschädigten nach den Grundsätzen des gestörten
Gesamtschuldverhältnisses von der Haftung für erlittene Personenschäden freigestellt
(vgl. § 840 Abs. 2 BGB); ein im Innenverhältnis zwischen dem Verrichtungsgehilfen
und dem Geschäftsherrn etwa bestehender arbeitsrechtlicher Freistellungsanspruch
bleibt dabei außer Betracht.
b) Die Haftung des nicht auf der gemeinsamen Betriebsstätte tätigen Unternehmers
bleibt im Rahmen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses auf die Fälle be-
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schränkt, in denen ihn nicht nur eine Haftung wegen vermuteten Auswahl- und
Überwachungsverschuldens gemäß § 831 BGB, sondern eine eigene "Verantwortlichkeit"
zur Schadensverhütung, etwa wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten
oder wegen eines Organisationsverschuldens trifft (Bestätigung des
Senatsurteils vom 11. November 2003 - VI ZR 13/03 - BGHZ 157, 9 = VersR
2004, 202).
BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 25/04 - OLG Frankfurt/Main
LG Darmstadt
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Juni 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 12. Zivilsenats in
Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom
18. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
Auf die Revision der Beklagten zu 1 wird das vorgenannte Urteil
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil
erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionsinstanz,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger macht gegen die Beklagten materielle und immaterielle
Schadensersatzansprüche aus einem Unfall geltend, den er als Arbeitnehmer
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einer Dachdeckerfirma erlitten hat, die als Subunternehmerin der
W. N. GmbH & Co. KG das Dach einer Kindertagesstätte eindecken sollte.
Als er am 21. April 1998 auf der geschalten Dachfläche Aufmaß für die
erforderliche Ziegelmenge nehmen wollte, stürzte er durch eine mit Dachpappe
überdeckte Öffnung für ein Dachfenster ca. fünf Meter tief auf den Betonfußboden
und erlitt dabei schwerste Verletzungen. Die zuständige Bau-
Berufsgenossenschaft hat den Unfall als Arbeitsunfall anerkannt.
Der Kläger hat ursprünglich (auch) die Generalunternehmerin
W. N. GmbH & Co. KG (künftig: KG) in Anspruch genommen, welche an dem
Bau die Zimmererarbeiten durchführte. Nachdem diese sich zwischenzeitlich in
der Insolvenz befindet, ist das Verfahren gegen sie abgetrennt worden. Nunmehr
verlangt der Kläger von deren nach Ablehnung der Insolvenzeröffnung
mangels Masse in Liquidation befindlicher persönlich haftender Gesellschafterin
W. N. GmbH, der Beklagten zu 1, und der Firma W. N. Systembau GmbH, der
Beklagten zu 2, mit der vorliegenden Klage Schadensersatz.
Das Landgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Auf die
Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil unter
Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und die Beklagte zu 1
zur Zahlung von insgesamt 24.804,13 € (Schmerzensgeld und Verdienstausfall)
verurteilt. Ferner hat es festgestellt, daß die Beklagte zu 1 verpflichtet ist, dem
Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem genannten
Arbeitsunfall zu ersetzen, soweit die entsprechenden Ansprüche nicht auf einen
Sozialversicherungsträger oder sonstigen Dritten übergegangen sind. Mit der
vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagte zu 1 ihr
Klageabweisungsbegehren und der Kläger sein Klagebegehren aus der Berufungsinstanz
gegen die Beklagte zu 2 weiter.
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die im Liquidationsstadium fortbestehende
Beklagte zu 1 hafte als persönlich haftende Gesellschafterin der Generalunternehmerin,
der KG, für deren Verbindlichkeiten gemäß §§ 161 Abs. 2,
128 Satz 1 HGB. Die Generalunternehmerin sei dem Kläger für die Folgen seines
Sturzes nach §§ 831 Abs. 1, 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB verantwortlich,
wovon sie weder durch sozialrechtliche Privilegierungen noch infolge eines sogenannten
gestörten Gesamtschuldverhältnisses befreit sei. Der Sturz des Klägers
sei durch rechtswidriges Verhalten der für die Baustelle Verantwortlichen
der Generalunternehmerin, für die diese nach § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB einzustehen
habe, mitverursacht worden. Das rechtswidrige Verhalten ergebe sich
aus dem Unterlassen, den Fensterausschnitt im Dach ausreichend zu sichern.
Eine diesbezügliche Rechtspflicht ergebe sich aus § 12 a der Unfallverhütungsvorschrift
Bauarbeiten (VGB 37) der Bau-Berufsgenossenschaft in der Fassung
vom 1. Januar 1997, welche die allgemeine Verkehrssicherungspflicht konkretisiere.
Den Kläger treffe auch keine eigene Verantwortlichkeit für seinen Sturz,
die ihm nach § 254 Abs. 1 BGB anspruchsmindernd angelastet werden könne.
Der Kläger, der als Mitarbeiter der mit der Dachdeckung beauftragten Firma
bereits zu Ausführungen von Arbeiten an den Dachkandeln tätig gewesen und
das Dach zum Unfallzeitpunkt im Auftrag seines Arbeitgebers zum Zwecke der
Aufnahme eines Aufmaßes für die erforderlichen Dachziegel betreten habe,
habe auf die Einhaltung der Allgemeinen Unfallverhütungsvorschriften am Bau
vertrauen dürfen. Das Landgericht sei zwar "gut vertretbar" von einer gemeinsamen
Betriebsstätte im Sinne des § 106 Abs. 3 SGB VII im Zusammenhang
mit den Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten ausgegangen, die Haftungsprivilegierung
komme jedoch grundsätzlich nicht dem beteiligten Unternehmer zugute,
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der nicht selbst auf der gemeinsamen Betriebsstätte tätig werde. Die mithin gegebene
Haftung der Beklagten zu 1 aus §§ 831 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB entfalle
auch nicht nach den Grundsätzen der sogenannten gestörten Gesamtschuld.
Es stehe bereits nicht fest, daß es überhaupt einen - vom Kläger nicht in Anspruch
genommenen - Erstschädiger als Gesamtschuldner gebe, da die Parteien
zu einem insoweit erforderlichen Verschulden im Rahmen der Haftung aus
§ 823 Abs. 1 BGB nichts vorgetragen hätten. Im übrigen störe die sozialrechtliche
Haftungsprivilegierung ein entsprechendes Gesamtschuldverhältnis nicht,
da der arbeitsrechtliche Freistellungsanspruch bei ihrem Hinwegdenken ebenfalls
zu einer Haftung des Unternehmers als Zweitschädiger im Innenverhältnis
zu seinen Arbeitnehmern als Erstschädiger führe.
Ansprüche gegen die Zweitbeklagte bestünden dagegen nicht. Allein aus
der Tatsache, daß zwei ihrer Mitarbeiter auf der Baustelle tätig gewesen seien,
lasse sich ihre Haftung nicht herleiten. Daß diese Mitarbeiter für die Verkehrssicherung
Verantwortung getragen hätten, habe der Kläger nicht unter Beweis
gestellt.
II.
A. Revision der Beklagten zu 1:
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand,
soweit das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten zu 1 bejaht hat.
1. Das Berufungsgericht ist zwar mit Recht davon ausgegangen, daß die
KG als Generalunternehmerin für das rechtswidrige unerlaubte Verhalten ihrer
mit den Zimmererarbeiten betrauten Verrichtungsgehilfen wegen der unterlassenen
Absicherung der Absturzstelle als Geschäftsherr im Rahmen des § 831
Abs. 1 Satz 1 BGB haftungsrechtlich einzustehen hat. Eine Rechtspflicht zur
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Absicherung von Öffnungen in einer Dachfläche hat das Berufungsgericht zutreffend
aus der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht hergeleitet, die hier
durch § 12 a der Unfallverhütungsvorschrift Bauarbeiten (VGB 37) der Bau-
Berufsgenossenschaft Frankfurt am Main in der Fassung vom 1. Januar 1997
dahin konkretisiert wird, daß bei Öffnungen in Dachflächen Einrichtungen vorhanden
sein müssen, die ein Abstürzen, Hineinfallen oder Hineintreten verhindern.
2. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist - entgegen der Auffassung
der Revision der Beklagten zu 1 - weiter die Beurteilung des Berufungsgerichts,
den Kläger treffe auch keine eigene Verantwortlichkeit an seinem Sturz,
die ihm nach § 254 Abs. 1 BGB anspruchsmindernd entgegengehalten werden
könne. Soweit die Beklagte zu 1 meint, dem Kläger sei gleichwohl vorzuwerfen,
das Dach ohne jegliche Rücksprache betreten zu haben, obwohl für ihn erkennbar
gewesen sei, daß die Zimmererarbeiten in diesem Dachbereich noch
nicht abgeschlossen gewesen seien, vermag dies keine abweichende Beurteilung
zu rechtfertigen. Denn die Allgemeinen Unfallverhütungsvorschriften am
Bau erfordern insbesondere dann besondere Beachtung, wenn Arbeiten noch
nicht abgeschlossen sind und sich in diesem Stadium erhöhter Gefährdung mit
Bauarbeiten beschäftigte Personen fremder Unternehmen auf der Baustelle
aufhalten. Unter diesen Umständen ist gegen die Auffassung des Berufungsgerichts,
der Kläger habe auf die Einhaltung der Allgemeinen Unfallverhütungsvorschriften
am Bau beim Betreten des Daches auch ohne besondere Rückfrage
nach etwaigen - noch nicht gesicherten - Gefahrenstellen vertrauen dürfen,
aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.
3. Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Auffassung des Berufungsgerichts,
die KG sei nicht nach § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII haftungsprivilegiert.
Denn eine Haftungsfreistellung nach dieser Norm kann nach der Recht-
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sprechung des erkennenden Senats zugunsten des versicherten Unternehmers
nur dann eingreifen, wenn dieser auf der gemeinsamen Betriebsstätte selbst
tätig wird (vgl. Senatsurteile BGHZ 148, 209, 212; 148, 214, 217; 157, 9, 14;
vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01 - VersR 2003, 1260, 1261 f.). Dies war hier
nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Fall.
4. Das Berufungsurteil hält jedoch den Angriffen der Revision der Beklagten
zu 1 nicht stand, soweit es die Möglichkeit eines Haftungsausschlusses
nach den Grundsätzen des sogenannten gestörten Gesamtschuldverhältnisses
verneint.
a) Nach diesen Grundsätzen können in den Fällen, in denen zwischen
mehreren Schädigern ein Gesamtschuldverhältnis besteht, Ansprüche des Geschädigten
gegen einen Gesamtschuldner (Zweitschädiger) auf den Betrag beschränkt
sein, der auf diesen im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner
(Erstschädiger) endgültig entfiele, wenn die Schadensverteilung nach
§ 426 BGB nicht durch eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung
des Erstschädigers gestört wäre (st. Rspr.: vgl. etwa Senatsurteile
BGHZ 61, 51, 55; 157, 9, 14; vom 17. Februar 1987 - VI ZR 81/86 - NJW 1987,
2669, 2670; vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01 - aaO). Die Beschränkung der
Haftung des Zweitschädigers beruht dabei auf dem Gedanken, daß einerseits
die haftungsrechtliche Privilegierung nicht durch eine Heranziehung im Gesamtschuldnerausgleich
unterlaufen werden soll, es aber andererseits bei Mitberücksichtigung
des Grundes der Haftungsprivilegierung, nämlich der anderweitigen
Absicherung des Geschädigten durch eine gesetzliche Unfallversicherung
nicht gerechtfertigt wäre, den Zweitschädiger den Schaden alleine tragen
zu lassen. Deshalb hat der Senat den Zweitschädiger in solchen Fällen in Höhe
des Verantwortungsteils freigestellt, der auf den Erstschädiger im Innenverhältnis
entfiele, wenn man seine Haftungsprivilegierung hinwegdenkt, wobei unter
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"Verantwortungsteil" die Zuständigkeit für die Schadensverhütung und damit
der eigene Anteil des betreffenden Schädigers an der Schadensentstehung zu
verstehen ist (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2003 - VI ZR 13/03 - aaO).
b) Mit Recht wendet sich die Revision der Beklagten zu 1 in diesem Zusammenhang
gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, es stehe mangels
Sachvortrags der Parteien zum Verschulden nicht fest, daß es überhaupt einen
- vom Kläger nicht in Anspruch genommenen - nach §§ 823 Abs. 1, 840 Abs. 1
BGB gesamtschuldnerisch haftenden Erstschädiger gebe.
Nachdem das Berufungsgericht einen rechtswidrigen Verstoß gegen eine
die allgemeine Verkehrssicherungspflicht konkretisierende Unfallverhütungsvorschrift
festgestellt hat, wird das Verschulden der hierfür verantwortlichen
Mitarbeiter der KG indiziert (vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 1956 - VI ZR 48/55 -
VersR 1956, 435, 436 und vom 13. Juli 1965 - VI ZR 73/64 - VersR 1965, 1055,
1056). Unter diesen Umständen war weiterer Sachvortrag hierzu nicht erforderlich.
Hiervon gehen auch beide Parteien aus.
c) Das sich insoweit ergebende Gesamtschuldverhältnis ist auch gestört,
da zugunsten der Erstschädiger die sozialrechtliche Haftungsprivilegierung des
§ 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII wegen der Tätigkeit auf einer gemeinsamen Betriebsstätte
eingreift.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erfaßt die Haftungsfreistellung
des § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII über die Fälle der Arbeitsgemeinschaft
hinaus sämtliche betrieblichen Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen,
die bewußt und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinandergreifen,
miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder unterstützen, wobei es ausreicht,
daß die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun
erfolgt (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 145, 331, 336 und vom 24. Juni 2003
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- VI ZR 434/01 - aaO m.w.N.). Erforderlich ist ein bewußtes Miteinander im Arbeitsablauf,
das sich zumindest tatsächlich als ein aufeinander bezogenes betriebliches
Zusammenwirken mehrerer Unternehmen darstellt.
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Tätigkeiten der Zimmerleute
und der Dachdecker waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
bei der Errichtung des Daches aufeinander bezogen und jedenfalls
dergestalt miteinander verknüpft, daß sie sich "ablaufbedingt in die Quere kommen"
konnten (vgl. Senatsurteil BGHZ 157, 213, 217 m.w.N.).
d) Besteht mithin zugunsten der Mitarbeiter der KG, welche die Unfallstelle
nicht ausreichend abgesichert hatten, ein Haftungsprivileg im Sinne des
§ 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII, kommen die Grundsätze des gestörten Gesamtschuldverhältnisses
zur Anwendung, wie sie der Senat in seinem Urteil vom
11. November 2003 - VI ZR 13/03 - (aaO) im einzelnen konkretisiert hat.
Danach ist der nicht selbst auf der gemeinsamen Betriebsstätte tätige
Unternehmer, der neben seinem nach § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII haftungsprivilegierten
Verrichtungsgehilfen lediglich nach §§ 831, 823, 840 Abs. 1 BGB als
Gesamtschuldner haftet, gegenüber dem Geschädigten nach den Grundsätzen
des gestörten Gesamtschuldverhältnisses von der Haftung für erlittene Personenschäden
ebenfalls grundsätzlich freigestellt (vgl. § 840 Abs. 2 BGB). Dies
beruht auf dem Grundgedanken, daß in den Fällen, in denen auf der einen Seite
nur eine Gefährdungshaftung oder eine Haftung aus vermutetem Verschulden,
auf der anderen Seite jedoch erwiesenes Verschulden vorliegt, im Innenverhältnis
derjenige den ganzen Schaden tragen soll, der nachweislich schuldhaft
gehandelt hat.
Ein im Innenverhältnis zwischen dem Verrichtungsgehilfen und dem Geschäftsherrn
etwa bestehender arbeitsrechtlicher Freistellungsanspruch bleibt
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dabei - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - außer Betracht. Diese
Besonderheiten des innerbetrieblichen Schadensausgleichs gelten grundsätzlich
nur im Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sie beschränken
weder Haftpflichtansprüche von außerhalb des Betriebes stehenden
Dritten (st. Rspr.: vgl. etwa Senatsurteile vom 19. September 1989
- VI ZR 349/88 - VersR 1989, 1197, 1198; vom 23. Januar 1990
- VI ZR 209/89 - VersR 1990, 387, 388; vom 21. Dezember 1993
- VI ZR 103/93 - VersR 1994, 477, 478 sowie BAG VersR 1958, 54, 55) noch
können sie umgekehrt bei einer Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers im
Rahmen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses die haftungsrechtliche "Verantwortlichkeit"
des Arbeitgebers im Verhältnis zum geschädigten außenstehenden
Dritten erweitern. Denn die Verteilung des Risikos im Verhältnis zwischen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer bzw. die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
gehen den Geschädigten grundsätzlich nichts an (so bereits Gamillscheg,
VersR 1967, 513, 516).
Hiernach ist die Haftung des nicht auf der gemeinsamen Betriebsstätte
tätigen Unternehmers im Rahmen des Gesamtschuldverhältnisses auf die Fälle
beschränkt, in denen ihm nicht nur eine Haftung wegen vermuteten Auswahl-
und Überwachungsverschuldens gemäß § 831 BGB, sondern eine eigene Verantwortlichkeit
zur Schadensverhütung, etwa wegen der Verletzung von - eigenen,
nicht an Arbeitnehmer delegierbaren - Verkehrssicherungspflichten oder
wegen eines Organisationsverschuldens trifft.
Dies wird das Berufungsgericht, welches bei seiner Entscheidungsfindung
das Senatsurteil vom 11. November 2003 - VI ZR 13/03 - (aaO) noch nicht
kennen konnte, bei seiner erneuten Verhandlung zu beachten und ggf. seine
tatsächlichen Feststellungen zu ergänzen haben.
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B. Revision des Klägers:
Die Revision des Klägers gegen die Abweisung seiner Klage gegen die
Beklagte zu 2 hat keinen Erfolg.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, allein aus der Tatsache, daß
zwei der Mitarbeiter der Beklagten zu 2 auf der Baustelle tätig gewesen seien,
lasse sich ihre Haftung nicht herleiten, weil der Kläger nicht unter Beweis gestellt
habe, daß diese Mitarbeiter für die Verkehrssicherung Verantwortung getragen
hätten, läßt - entgegen der Auffassung der Revision - Rechts- bzw. Verfahrensfehler
nicht erkennen.
Das von der Revision herangezogene erstinstanzliche Vorbringen des
Klägers war nicht geeignet, in schlüssiger Weise eine der Beklagten zu 2 als
Geschäftsherr über § 831 BGB haftungsrechtlich zuzurechnende Verletzung
von Verkehrssicherungspflichten darzutun. Denn der Kläger hat nicht vorgetragen,
daß und welche Mitarbeiter der Zweitbeklagten auf der Baustelle mit der
Verlegung der Dachpappe als deren Verrichtungsgehilfen betraut waren. Soweit
die Revision in diesem Zusammenhang meint, es "liege auf der Hand", daß die
Zweitbeklagte für die Generalunternehmerin mit der Verlegung der Dachpappebahnen
als Subunternehmerin tätig geworden sei, so kann dem nicht beigetreten
werden. Nachdem die Beklagte zu 2 ausdrücklich bestritten hatte, daß ihre
beiden Mitarbeiter, die als Hilfskräfte auf der Baustelle zum Unfallzeitpunkt anwesend
gewesen seien, mit dem Unfallgeschehen und mit der entsprechenden
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Verkehrssicherungspflicht etwas zu tun gehabt hätten, wäre weiterer Sachvortrag
des Klägers zur entsprechenden Aufgabenverteilung auf der Baustelle erforderlich
gewesen.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr
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