Sie sind hier: Startseite » Rechtsinformationen » Urteile

Urteil des BAG vom 29.07.2003 – 3 AZR 630/02

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 29.07.2003, 3 AZR 630/02

Änderung von Versorgungsregelungen - Betriebsvereinbarung

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 9. Juli 2002 - 6 Sa 180/00 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, welche Versorgungsordnung anzuwenden ist und wie die Betriebsrente des Klägers nach den maßgeblichen Versorgungsregelungen zu berechnen ist.

Der am 4. September 1937 geborene Kläger war zunächst in den USA tätig. Seit dem 17. Juni 1977 war er in Deutschland bei der B beschäftigt. Sie zahlte für ihn bis 1980 Beiträge zur Rentenversicherung der USA, solange dies auf Grund zwischenstaatlicher Abkommen möglich war. Schon damals lag die Vergütung des Klägers über der Beitragsbemessungsgrenze. Er versicherte sich nicht freiwillig bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, weil ihm dies nicht sinnvoll erschien. Ihm wurden die Arbeitgeberzuschüsse zur gesetzlichen Rentenversicherung ausgezahlt, um damit eine Lebensversicherung finanzieren zu können.

Durch Betriebsübergänge wechselte mehrmals die Arbeitgeberin. Seit dem 1. Januar 1988 stand er in einem Arbeitsverhältnis zur P AG. Mit Schreiben vom 20. November 1987 erteilte sie ihm "mit Wirkung vom 01.01.1988 gemäß § 1 Absatz (1) der Pensionsordnung deutscher P Unternehmen - Ausgabe 1985 - eine Pensionszusage". Diese Pensionsordnung (PPO 85) lautete auszugsweise wie folgt:

"§ 1 Personenkreis

(1) Eine schriftliche Pensionszusage erhalten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens, deren Monatsgehalt die Pensionszusagegrenze erreicht oder übersteigt (im folgenden 'Angestellte' genannt).

(2) Pensionszusagegrenze ist das 2,5-fache des durch 12 geteilten durchschnittlichen Brutto-Jahresarbeitsentgeltes aller Versicherten im Sinne des § 33 Absatz (1) des Angestelltenversicherungsgesetzes, gerundet auf einen durch 25 teilbaren Betrag.

...

§ 3 Alterspension

Angestellte, die wegen Erreichens einer Altersgrenze im Sinne des § 25 des Angestelltenversicherungsgesetzes ab vollendetem 60. Lebensjahr ein Altersruhegeld der gesetzlichen Rentenversicherung oder die entsprechenden Leistungen anderer gleichgestellter Versorgungseinrichtungen (§ 6 Absatz (2) Nummer 3 und 4) beziehen, erhalten eine Alterspension auf Lebenszeit. ...

§ 6 Gesamtversorgung

(1) Die Firmenpension ergänzt die 'sonstigen Versorgungsbezüge'. Sie bildet zusammen mit diesen die Gesamtversorgung im Sinne dieser Pensionsordnung.

(2) 'Sonstige Versorgungsbezüge' sind

1. Renten des Versorgungswerkes der deutschen P Unternehmen (VaG) ohne die Renten, die ausschließlich auf eigenen Beiträgen des Angestellten beruhen;

2. Leistungen aus anderer betrieblicher Altersversorgung von P Unternehmen;

3. Renten aus gesetzlichen Rentenversicherungen und gleichgestellten Versorgungseinrichtungen des In- und Auslandes (z.B. berufsständische Versorgungseinrichtungen, Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften);

4. Leistungen aus Lebensversicherungen, soweit diese mindestens zur Hälfte auf Beiträgen oder Zuschüssen von P Unternehmen beruhen;

5. ...

(3) Die 'sonstigen Versorgungsbezüge' werden wie folgt angerechnet:

1. Renten des Versorgungswerkes werden in Höhe des Betrages berücksichtigt, der sich bei Mitgliedschaft im Versorgungswerk mit jeweils höchstmöglicher Rentenbasis für die Dauer der Tätigkeit im Rahmen der P Unternehmen ergeben würde. Dabei werden nur die Renten angerechnet, die nicht ausschließlich auf eigenen Beiträgen des Angestellten beruhen.

...

2. ...

3. Renten aus gesetzlichen Rentenversicherungen und gleich gestellten Versorgungseinrichtungen gemäß Absatz (2) Nummer 3 und Leistungen aus Lebensversicherungen gemäß Absatz (2) Nummer 4 werden mit 93 Prozent des durch 12 geteilten durchschnittlichen Brutto-Jahresarbeitsentgeltes aller Versicherten im Sinne des § 33 Absatz (1) des Angestelltenversicherungsgesetzes angerechnet. ...

§ 7 Pensionsfähige Dienstjahre

(1) Als pensionsfähige Dienstjahre rechnen die zwischen dem vollendeten 35. und 65. Lebensjahre liegenden Dienstjahre bei den P Unternehmen.

...

(2) Angestellten, welche wegen Bezugs einer Alterspension nach § 3 nach vollendetem 60. und vor Vollendung des 65. Lebensjahres aus den Diensten der deutschen P Unternehmen ausscheiden, werden die bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres fehlenden Jahre den pensionsfähigen Dienstjahren nach Absatz (1) hinzugerechnet, jedoch nicht mehr als 25 % der wirklichen Dienstzeit.

...

§ 8 Pensionsbasis

(1) Pensionsbasis ist das letzte Bruttomonatsgehalt vor Eintritt des Versorgungsfalles ... .

...

§ 9 Höhe der Firmenpension und der Gesamtversorgung

(1) Die Firmenpension beträgt 1 % der Pensionsbasis für jedes pensionsfähige Dienstjahr, soweit sich aus nachstehenden Berechnungsvorschriften nichts anderes ergibt.

(2) Übersteigt die Gesamtversorgung (Firmenpension zusammen mit den sonstigen Versorgungsbezügen) 62 % der Pensionsbasis, so wird die Firmenpension entsprechend verringert.

...

(4) Beträgt die Gesamtversorgung wegen Erreichens einer Altersgrenze weniger als 1,84 % der Pensionsbasis für jedes pensionsfähige Dienstjahr, so wird die Firmenpension entsprechend erhöht (garantierte Versorgung).

...

§ 14 Gestaltung der Versicherungsverhältnisse

(1) Bei der Bemessung der Firmenpension und der Feststellung der Gesamtversorgung wird davon ausgegangen, daß der Angestellte

1. in der Angestelltenversicherung oder einer gleichgestellten Versicherungseinrichtung pflichtversichert ist oder sie freiwillig fortsetzt, oder

2. eine Lebensversicherung mit einer Anpassungsklausel abgeschlossen hat und

3. im Rahmen seiner Mitgliedschaft im Versorgungswerk die seinem Brutto-Gehalt entsprechende Rentenbasis aufrechterhält

und für diese Versicherungen Beiträge gemäß seinem jeweiligen Bruttomonatsverdienst entrichtet. Das Unternehmen erwartet, daß der Mitarbeiter diese gegebenen Möglichkeiten voll ausschöpft."

Der Kläger gehörte seit dem 1. November 1988 auch dem Versorgungswerk deutscher P-Unternehmen an. Diese Versicherung wurde ab 1. Juli 1995 beitragsfrei gestellt.

Seit dem 15. November 1991 war die D K GmbH und seit dem 14. Februar 1992 die D E GmbH die Arbeitgeberin des Klägers, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist. Zum 30. September 1993 schloß die D E GmbH ihre Unterstützungskasse. In der am 1. Juli 1995 in Kraft getretenen Gesamtbetriebsvereinbarung zur Neuordnung der Altersversorgung (Versorgungs-BV 95) wurde der Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung in eine Direktzusage geändert. In einem Nachtrag zur Versorgungs-BV 95 wurden die Versorgungsrechte von fast 1.450 Mitarbeitern geregelt, deren Arbeitsverhältnisse durch verschiedene Betriebsübergänge auf die D E GmbH übergegangen waren. Dieser Nachtrag lautete auszugsweise:

"VEREINBARUNG

A. Anwendungsbereich

Dieser Betriebsvereinbarungs-Nachtrag gilt für alle Arbeitnehmer, welche durch einen der in Ziff. I. der Präambel beschriebenen Betriebsübergänge in ein Arbeitsverhältnis mit D getreten sind.

B. Anwendung der Leistungsrichtlinien

I. Aufnahme in den Kreis der Begünstigten der D Unterstützungskasse/Erteilung einer Zusage

Mitarbeiter, welche durch die in der Präambel unter Ziffer I. 1. a) bis c) beschriebenen Betriebsübergänge zu D gekommen sind, gehören ab dem Betriebsübergang zu den Begünstigten im Sinne von § 1 (1) LR 1990. Ab dem 01.07.1995 gilt für sie, soweit nach der Versorgungs-BV 1995 vorgesehen, die Versorgungsordnung 1995.

...

II. Anrechnungsfähige Dienstzeit

Die anrechnungsfähige Dienstzeit nach § 4 (1) LR 1990 bzw. § 4 (1) Versorgungsordnung 1995 beginnt mit dem Betriebsübergang: für Mitarbeiter, welche durch den in Ziffer I. 1. b) der Präambel beschriebenen Betriebsübergang zu D gekommen sind, mit dem Betriebsübergang unter Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4 LR 1990 bzw. Versorgungsordnung 1995; ...

C. Beendigung der Vorarbeitgeber-Versorgungsregelungen und Besitzstandsregelungen

I. Grundsatz

Mit dem jeweiligen Beginn der anrechnungsfähigen Dienstzeit nach der D-Versorgung ('Stichtag') werden die für den Mitarbeiter jeweils maßgebenden Vorarbeitgeber-Versorgungsregelungen ('Alt-Versorgung') nicht mehr weitergeführt, sondern werden ab dem jeweiligen Stichtag mit Wirkung für die Zukunft durch die D-Versorgung ersetzt. Die bis zum jeweiligen Stichtag erdienten Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach der Alt-Versorgung bleiben dem Mitarbeiter erhalten, bei einem Ausscheiden ohne Versorgungsfall jedoch nur im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Unverfallbarkeitsbestimmungen. Ansprüche aus der Alt-Versorgung richten sich ausschließlich nach den in der Alt-Versorgung definierten Leistungsvoraussetzungen.

Im Versorgungsfall wird die sich aus dieser Anwartschaft ergebene Versorgungsleistung zusätzlich zu der D-Versorgungsleistung erbracht.

...

III. Pensionszusage nach der Pensionsordnung deutscher P-Unternehmen ('PPO')

1. Erdiente Anwartschaft mit Dynamik

Die aus der PPO bis zum Stichtag erdiente Anwartschaft beträgt den (nach den Verhältnissen beim Stichtag entsprechend der Berechnung einer unverfallbaren Anwartschaft ermittelten) Teil der erreichbaren Alterspension, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit bis zum Stichtag zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres entspricht, erhöht oder vermindert in dem Verhältnis, in dem sich das vor dem Versorgungsfall zuletzt festgestellte Jahresgehalt gem. § 5 LR 1990 bzw. Versorgungsordnung 1995 zu dem am ersten Berechnungsstichtag nach dem Stichtag festgestellten Jahresgehalt verändert hat (= 'Teilpension').

..."

Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete am 31. Dezember 1997. Sein pensionsfähiges Bruttojahresentgelt belief sich im Jahre 1997 auf 155.974,00 DM. Seit Oktober 2001 erhält er aus der Rentenversicherung der USA monatlich 805,00 $. Die Beklagte zahlt ihm eine monatliche Betriebsrente von insgesamt 1.252,55 Euro brutto, die sich aus einer Teilrente nach der PPO 85 für die Beschäftigungszeit bis zum 14. November 1991 in Höhe von 886,01 Euro und einer Teilrente für die Beschäftigungszeit seit dem 15. November 1991 nach der Versorgungs-BV 95 in Höhe von 366,54 Euro zusammensetzt.

Der Kläger verlangt eine höhere Betriebsrente. Er hat die Auffassung vertreten, seine Betriebsrente sei ausschließlich nach der PPO 85 zu berechnen. Die ihm erteilte einzelvertragliche Versorgu
gszusage habe nicht mehr zu seinen Ungunsten geändert werden können. Die Voraussetzungen für die Anrechnung einer fiktiven Sozialversicherungsrente nach § 6 Abs. 3 Nr. 3 PPO 85 seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Nach § 9 Abs. 4 Satz 1 PPO 85 stünde ihm die garantierte Versorgung von 25 x 1,84 % x 155.974,00 DM : 12 = 5.979,00 DM monatlich zu. Dies ergebe gerundet 3.057,00 Euro. Hierauf seien nur der von der Beklagten geleistete Gesamtbetrag von 1.252,00 Euro und die gesetzliche Rente aus der USA-Rentenversicherung in Höhe von 805,00 $ anzurechnen.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt

festzustellen, daß ihm für die Zeit ab 1. Oktober 2001, zahlbar jeweils am letzten eines Monats, zusätzlich zu der von der Beklagten gewährten Betriebsrente in Höhe von 1.252,00 Euro, eine weitere Betriebsrente in Höhe von 1.805,00 Euro monatlich zusteht, abzüglich eines monatlichen Betrages in Höhe von 805,00 $, der mit dem jeweils bei Zahlung des Differenzbetrages maßgeblichen Wechselkurs auf Euro umzurechnen ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, dem Kläger stehe für seine Beschäftigungszeit bis zum Betriebsübergang auf die D E GmbH eine nach der PPO 85 berechnete Teilpension und für seine Beschäftigungszeit nach diesem Betriebsübergang eine Teilbetriebsrente nach der Versorgungs-BV 95 zu. Nach § 6 Abs. 3 PPO 85 zählten zur Gesamtversorgung sowohl die Rente des Versorgungswerks der deutschen P-Unternehmen als auch die fiktive Sozialversicherungsrente.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf höhere Betriebsrente nicht zu.

A. Im Revisionsverfahren hat der Kläger lediglich klargestellt, wie sein Antrag zu verstehen ist. Eine Klageänderung liegt nicht vor. Dieser Feststellungsantrag ist sinngemäß bereits in den Vorinstanzen gestellt worden. Er genügt den an eine Feststellungsklage zu stellenden Anforderungen.

I. Die Klärung des Inhalts eines Betriebsrentenanspruchs betrifft ein Rechtsverhältnis iSd. § 256 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat den Inhalt und Umfang des erhobenen Anspruchs hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bezeichnet.

II. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht. Die zwischen den Parteien bestehenden Meinungsverschiedenheiten führen zu einem Klärungsbedürfnis. Der Kläger kann nicht auf eine Leistungsklage verwiesen werden. Da der bei Zahlung des Differenzbetrages geltende Wechselkurs des Dollars keine feststehende, sondern eine variable Größe ist, konnte der Kläger den ihm seiner Ansicht nach noch zustehenden Rentenbetrag jedenfalls für die Zukunft nicht beziffern. Abgesehen davon beseitigt die Möglichkeit, eine Klage auf künftige Leistung nach § 259 ZPO zu erheben, das Feststellungsinteresse nicht. Dem Kläger steht insoweit ein Wahlrecht zu (vgl. ua. BAG 15. Januar 1992 - 7 AZR 194/91 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 84 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 110, zu I 2 der Gründe mwN). Wenn er wie im vorliegenden Fall die Höhe seines Betriebsrentenanspruchs für die Vergangenheit und Zukunft klären lassen will, bedarf es auch keiner Aufspaltung in einen Leistungsantrag für die Vergangenheit und einen Feststellungsantrag für die Zukunft. Der Prozeßökonomie entspricht es, daß er die Gesamtforderung im Wege der Feststellungsklage verfolgt (vgl. ua. BAG 22. Februar 2000 - 3 AZR 39/99 - AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 13 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 3, zu A der Gründe mwN).

B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat die dem Kläger zustehende Betriebsrente richtig berechnet.

I. Die Versorgungsrechte des Klägers richten sich entgegen seiner Ansicht nicht ausschließlich nach der PPO 85. Die Versorgungs-BV 95 und ihr Nachtrag haben die für den Kläger geltenden Versorgungsregelungen wirksam geändert. Dabei spielt es keine Rolle, ob die PPO 85 für den Kläger normativ oder kraft einzelvertraglicher Vereinbarungen galt.

1. Die Versorgungs-BV 95 nebst Nachtrag ist nach allen denkbaren Alternativen ein geeignetes Regelungsmittel. Im vorliegenden Fall bedurfte es weder eines individuellen noch eines kollektiven Günstigkeitsvergleichs.

a) Im Schreiben vom 20. November 1987 hatte sich die P AG nicht rechtsgeschäftlich verpflichtet, dem Kläger eine Betriebsrente nach der PPO 85 unabhängig von der weiteren Entwicklung dieser Versorgungsordnung zu zahlen. Die Versorgungszusage enthielt, selbst wenn die PPO 85 nicht ohnehin normativ galt, keine statische, sondern nur eine dynamische Verweisung auf deren Versorgungsregelungen.

Wird ein außerhalb des Arbeitsvertrages liegendes Regelungswerk in Bezug genommen, so handelt es sich üblicherweise und regelmäßig um eine dynamische Verweisung (vgl. ua. BAG 11. Dezember 2001 - 3 AZR 512/00 - BAGE 100, 76, 85 mwN). Statische Verweisungen und die damit verbundene Festschreibung bestimmter Versorgungsregelungen sind die Ausnahme und müssen dementsprechend deutlich zum Ausdruck gebracht werden (vgl. ua. BAG 22. Februar 2000 - 3 AZR 39/99 - AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 13 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 3, zu B I der Gründe). Dies ist im Schreiben vom 20. November 1987 nicht geschehen. Vielmehr ist diesem Schreiben unschwer zu entnehmen, daß die Beklagte einheitliche Versorgungsbedingungen schaffen wollte. Eine Abkoppelung von der weiteren Entwicklung der Versorgungsregelungen hätte diesem erkennbaren Ziel widersprochen.

b) Falls das Unternehmen nicht unter den Geltungsbereich der PPO 85 fiel, galten dessen Regelungen zwar kraft einzelvertraglicher Übernahme. Die arbeitsvertraglich vereinbarten Versorgungsbedingungen waren aber betriebsvereinbarungsoffen. Bei der PPO 85 handelte es sich um eine Betriebsvereinbarung. Die arbeitsvertragliche dynamische Verweisung auf diese Betriebsvereinbarung führte dazu, daß auch deren wirksame Änderung übernommen wurde. Die Arbeitgeberin hatte damit nicht auf eigene Regelungen durch Abschluß einer Betriebsvereinbarung für ihr Unternehmen verzichtet. Auch derartige Änderungen blieben vorbehalten, zumal dadurch die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 und 10 BetrVG gewahrt wurden. Diese Änderungsmöglichkeit entsprach auch der Interessenlage beider Arbeitsvertragsparteien. Als die Arbeitnehmer durch Betriebsübergang aus dem P-Konzern ausschieden, lag es nahe, den veränderten Verhältnissen durch eigenständige Neuordnung der betrieblichen Altersversorgung Rechnung zu tragen.

c) Falls die PPO 85 auf das Unternehmen der P Industrie AG normativ anzuwenden war, galt für eine Ablösung ohne weiteres die sog. Zeitkollisionsregel. Die Betriebspartner können die vereinbarten Normen sowohl zugunsten als auch zuungunsten der betroffenen Arbeitnehmer ändern (ständige Rechtsprechung, vgl. ua. BAG 14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - BAGE 98, 323, 332). Der Betriebsübergang auf die D E GmbH schmälerte nicht die Ablösungsmöglichkeiten der Betriebspartner. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der übergegangene Betrieb seine Identität behielt oder verlor.

aa) Blieb die Betriebsidentität gewahrt, so konnten die vom Betriebsveräußerer geschlossenen Betriebsvereinbarungen auch nach dem Betriebsinhaberwechsel normativ weitergelten; denn der Betriebserwerber tritt in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des bisherigen Betriebsinhabers ein. § 613a Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BGB enthält einen Auffangtatbestand, der Lücken im Betriebsverfassungs- und Tarifrecht schließen soll (BAG 27. Juli 1994 - 7 ABR 37/93 - AP BGB § 613a Nr. 118 = EzA BGB § 613a Nr. 123, zu B II der Gründe mwN).

bb) Ging die Identität des Betriebs beim Übergang verloren, so wurden die Regelungen der PPO 85 nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Dies führt aber nicht dazu, daß die Arbeitnehmer stärker geschützt sind als bei einem Fortbestehen der Betriebsidentität und einer kollektiven Weitergeltung der Regelungen. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB ist teleologisch darauf zu reduzieren, daß die individualrechtlich als Inhalt des Arbeitsverhältnisses fortgeltenden kollektivrechtlichen Regelungen lediglich entsprechend ihrem kollektivrechtlichen Ursprung geschützt sind (BAG 14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - BAGE 98, 323, 332 f.). Die Versorgungsregelungen der PPO 85 waren nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB einer Änderung durch eine ablösende Betriebsvereinbarung zugänglich. Die Neuregelung mußte nicht beim Betriebsübergang bereits vorhanden sein. Eine nach dem Betriebsübergang geschaffene Neuregelung reicht aus (BAG 16. Mai 1995 - 3 AZR 535/94 - BAGE 80, 139, 143; 14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - BAGE 98, 323, 333).

2. Die Regelungen der Versorgungs-BV 95 und ihres Nachtrags halten der gebotenen Inhaltskontrolle stand.

a) Weder eine Jeweiligkeitsklausel noch die Zeitkollisionsregel berechtigen zu beliebigen Eingriffen in Versorgungsanwartschaften. Sowohl das Gebrauchmachen von einem Änderungsvorbehalt als auch spätere Betriebsvereinbarungen, die Versorgungsrechte aus einer früheren Betriebsvereinbarung einschränken, unterliegen einer Rechtskontrolle (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. ua. 21. November 2000 - 3 AZR 91/00 - AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 21 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 26, zu II 1 der Gründe). Aus den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit ergibt sich, daß die Gründe, die den Eingriff rechtfertigen sollen, um so gewichtiger sein müssen, je stärker der Besitzstand ist, in den eingegriffen wird. Für Eingriffe in die Höhe der Versorgungsanwartschaften hat der Senat ein dreiteiliges Prüfungsraster entwickelt (ständige Rechtsprechung seit 17. April 1985 - 3 AZR 72/83 - BAGE 49, 57, 66 ff.). Der bereits erdiente und nach den Grundsätzen des § 2 Abs. 1 BetrAVG errechnete Teilbetrag darf nur in seltenen Ausnahmefällen gekürzt werden. Ein derartiger Eingriff setzt zwingende Gründe voraus. Ein variabler, dienstzeitunabhängiger Berechnungsfaktor (sog. erdiente Dynamik) darf nur aus triftigen Gründen verringert werden. Triftige Gründe setzen eine langfristige Substanzgefährdung des Unternehmens oder ein dringendes betriebliches Bedürfnis ohne Schmälerung des Gesamtaufwandes voraus. Die geringsten Anforderungen sind an Eingriffe in künftige und damit noch nicht erdiente dienstzeitabhängige Zuwächse zu stellen. Dafür genügen sachlich-proportionale Gründe.

b) Diese Grundsätze sind im vorliegenden Fall nicht verletzt worden.

aa) Abschnitt C Nr. III 1 des Nachtrags zur Versorgungs-BV 95 sichert den bis zum Betriebsübergang erdienten, entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG ermittelten Besitzstand und sorgt auch für dessen Dynamisierung. Damit ist nur in künftige Zuwächse der betrieblichen Altersversorgung des Klägers eingegriffen worden, zumal sich die Betriebsrente des Klägers für die Zeit ab Betriebsübergang nach den Regelungen der Versorgungs-BV 95 iVm. Abschnitt B des Nachtrags zu dieser Betriebsvereinbarung noch erhöhte und die Eingriffsintensität ergebnisbezogen zu ermitteln ist (vgl. BAG 11. Dezember 2001 - 3 AZR 128/01 - BAGE 100, 105, 113 ff.).

bb) Die für einen derartigen Eingriff ausreichenden sachlich-proportionalen Gründe liegen vor. Sie ergeben sich bereits aus dem Interesse des Betriebserwerbers, die Versorgungsbedingungen zu vereinheitlichen. Dieses Interesse hat der Gesetzgeber in § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB anerkannt. Er hat dem Ordnungsinteresse des neuen Betriebsinhabers gegenüber den Interessen der Arbeitnehmer an der Beibehaltung der bisherigen Regelungen Vorrang eingeräumt, wenn die neue Betriebsvereinbarung in dem mit dem Betriebserwerber bestehenden Arbeitsverhältnis unmittelbar und zwingend anzuwenden ist (vgl. BAG 14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - BAGE 98, 323, 332). Der Vereinheitlichungszweck wird in der Präambel des Nachtrags zur Versorgungs-BV 95 sogar ausdrücklich genannt.

II. Die Beklagte hat sowohl die Versorgungs-BV 95 und ihren Nachtrag als auch die PPO 85, soweit sie für den Kläger noch gilt, richtig angewandt.

1. Für die Zeit bis zum Betriebsübergang errechnet sich die dem Kläger zustehende Betriebsrente nach der PPO 85 iVm. Abschnitt C Nr. I und III des Nachtrags zur Versorgungs-BV 95. Entgegen der Ansicht des Klägers liegt seine Gesamtversorgung (§§ 6, 9 Abs. 1 und 2 PPO 85) über der nach § 9 Abs. 4 PPO 85 garantierten Versorgung von 1,84 % der Pensionsbasis für jedes pensionsfähige Dienstjahr. Der Kläger stützt den geltend gemachten Auffüllanspruch darauf, daß nur die Betriebsrente nach der PPO 85 und die tatsächlich gezahlte Rente aus der USA-Rentenversicherung zur maßgeblichen Gesamtversorgung gehörten. Dies trifft jedoch nicht zu. Zu Recht hat die Beklagte neben der auf der PPO 85 beruhenden Betriebsrente die fiktive, nach § 6 Abs. 3 Nr. 3 PPO 85 berechnete Sozialversicherungsrente und die vom Philips-Versorgungswerk gewährte Rente zur Gesamtversorgung gerechnet.

a) Nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 PPO 85 sind die "Renten des Versorgungswerkes der deutschen P-Unternehmen (VaG) ohne die Renten, die ausschließlich auf eigenen Beiträgen des Angestellten beruhen", zur Gesamtversorgung zählende Versorgungsbezüge. Entscheidend ist nicht, ob die Beklagte selbst oder eine frühere Betriebsinhaberin die Beiträge zu diesem Versorgungswerk erbracht hat. Die Beklagte ist in die versorgungsrechtlichen Rechte und Pflichten der früheren Betriebsinhaber gegenüber den Versorgungsanwärtern eingetreten. Der Kläger hat nicht - jedenfalls nicht substantiiert - vorgetragen, daß die Rente ganz oder für gewisse Zeiträume ausschließlich oder wenigstens überwiegend auf seinen eigenen Beiträgen beruht. Auf S. 5 Abs. 4 der Klageschrift hat der Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Beklagte die Versorgung aus dem P-Versorgungswerk zu Recht auf die Gesamtversorgung anrechne. Unter diesen Umständen bestand sogar ein besonderer Anlaß zur Substantiierung eines davon abweichenden Vortrags.

b) Die Anrechnungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 2 Nr. 3 PPO 85 sind ebenfalls erfüllt. Die Regelung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 iVm. Abs. 3 Nr. 3 PPO 85 sind nicht nur "Renten aus gesetzlichen Rentenversicherungen und gleich gestellten Versorgungseinrichtungen gemäß Absatz (2) Nummer 3", sondern auch "Leistungen aus Lebensversicherungen gemäß Absatz (2) Nummer 4" anzurechnen. Dies verstößt nicht gegen § 5 Abs. 2 BetrAVG.

Die Rentenversicherung der USA ist eine der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung durch § 6 Abs. 2 Nr. 3 PPO 85 gleichgestellte Versorgungseinrichtung des Auslandes. Diese Versorgung wurde von der Arbeitgeberin finanziert. Das Anrechnungsverbot des § 5 Abs. 2 BetrAVG greift damit nicht ein.

bb) Aus der Aufstellung des Klägers in seiner Berufungsbegründung vom 20. März 2000 S. 3 ergibt sich, daß er spätestens ab dem Zeitpunkt, in dem die Möglichkeit der Einzahlung von Beiträgen in die USA-Rentenversicherung endete, von seiner Arbeitgeberin die Arbeitgeberzuschüsse zur gesetzlichen Rentenversicherung ausgezahlt erhielt. Diese Zahlung sollte für den Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung in Form einer Lebensversicherung verwandt werden. In § 14 Abs. 1 PPO 85 wurden die Versorgungsanwärter ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Arbeitgeberin eine Verwendung dieses Zuschusses für freiwillige Beiträge in die Angestelltenversicherung oder den Abschluß einer Lebensversicherung erwartete. Wie der Arbeitnehmer die ihm zur Verfügung gestellten Mittel einsetzte, spielt für die Anrechenbarkeit nach § 5 Abs. 2 BetrAVG keine Rolle (vgl. dazu BAG 16. Dezember 1986 - 3 AZR 631/84 -, zu III 2 der Gründe). Hat sich der Arbeitnehmer für einen Versicherungsvertrag entschieden, zu dessen hälftiger Finanzierung die Arbeitgeberzuschüsse nicht ausreichen, entfällt dadurch die Anrechenbarkeit ebensowenig wie bei einer freiwilligen Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Lediglich der auf die freiwillige Höherversicherung entfallende Anteil der Rente bleibt unberücksichtigt. Die PPO 85 hat sich daran gehalten. Sie läßt zusätzliche Eigenvorsorge unberücksichtigt.

cc) Auch die Höhe der Anrechnung verstößt nicht gegen § 5 Abs. 2 BetrAVG. Diese Vorschrift verbietet nicht eine angemessene, sachgerechte Pauschalierung der Berechnung fiktiver Sozialversicherungsrenten. § 6 Abs. 3 Nr. 3 PPO 85 stellt auf das "durchschnittliche Brutto-Jahresarbeitsentgelt aller Versicherten im Sinne des § 33 Absatz (1) des Angestelltenversicherungsgesetzes" und damit auf die sozialversicherungsrechtliche "allgemeine Bemessungsgrundlage" ab. Dies ist sachgerecht. Ebensowenig ist der zugrunde gelegte Prozentsatz zu beanstanden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß nach § 1 Abs. 1 PPO 85 eine Pensionszusage nur die Arbeitnehmer erhielten, deren Monatsgehalt die Pensionszusagegrenze erreichte oder überstieg. Pensionszusagegrenze war "das 2,5-fache des durch 12 geteilten durchschnittlichen Brutto-Jahresarbeitsentgeltes aller Versicherten im Sinne des § 33 Absatz (1) des Angestelltenversicherungsgesetzes".

dd) Entgegen der Ansicht des Klägers spielt § 2 Abs. 5 Satz 2 BetrAVG im vorliegenden Fall keine Rolle. Diese Vorschrift trägt den mit der Veränderungssperre des § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG verbundenen Schwierigkeiten Rechnung, die dadurch entstehen, daß nach der Versorgungszusage die dem einzelnen Versorgungsberechtigten zustehende konkrete Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen ist. Pauschalierende und typisierende Versorgungsregelungen werden dadurch nicht untersagt. § 2 Abs. 5 Satz 2 BetrAVG ist nicht anwendbar, wenn es nach der Versorgungsordnung auf die individuelle Rentenbiographie nicht ankommt.

2. Für die Beschäftigungszeit ab Betriebsübergang errechnet sich die dem Kläger zustehende Betriebsrente nach der Versorgungs-BV 95. Eine fehlerhafte Anwendung der darin enthaltenen Versorgungsregelungen ist nicht ersichtlich.

C. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Kremhelmer Bepler Breinlinger

D. Offergeld H. Frehse

Hier finden Sie das vollständige Urteil zum Download (PDF)