Urteil des BAG vom 18.05.2004 – 9 AZR 319/03
BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 18.05.2004, 9 AZR 319/03
Teilzeitanspruch - Kirche
Leitsätze
Die Darlegung des Arbeitgebers, seine Arbeitsabläufe "bestmöglich" und "effektiv" gestalten zu wollen, ist zu allgemein, um ein von den Gerichten für Arbeitssachen nur auf Willkür überprüfbares Organisationskonzept darstellen zu können.
Tenor
Auf die Revision der Widerklägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 11. April 2003 - 10 Sa 1746/02 - insoweit aufgehoben, als es auf die Berufung des Widerbeklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 5. September 2002 - 11 Ca 739/01 - abgeändert und die Widerklage abgewiesen hat. Insoweit wird die Berufung des Widerbeklagten zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Revision der Widerklägerin zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisions- und des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verringerung der Arbeitszeit.
Die Widerklägerin ist seit 1991 bei dem Widerbeklagten als Diplomsozialarbeiterin im Sozialdienst des von dem Widerbeklagten betriebenen M beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarung die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR Caritas) anzuwenden.
In § 1 AVR Caritas ist bestimmt:
"Wesen der Caritas, Dienstgemeinschaft
(1) Die Caritas ist eine Lebens- und Wesensäußerung der katholischen Kirche. Die dem Deutschen Caritas angeschlossenen Einrichtungen dienen dem gemeinsamen Werk christlicher Nächstenliebe. Dienstgeber und Mitarbeiter bilden eine Dienstgemeinschaft und tragen gemeinsam zur Erfüllung der Aufgaben der Einrichtung bei. Die Mitarbeiter haben den ihnen anvertrauten Dienst in Treue und Erfüllung der allgemeinen und besonderen Dienstpflichten zu leisten.
(2) Der Treue des Mitarbeiters muss von seiten des Dienstgebers die Treue und Fürsorge gegenüber dem Mitarbeiter entsprechen.
(3) Auf dieser Grundlage regeln sich alle Beziehungen zwischen Dienstgeber und Mitarbeiter."
In § 1a der Anlage 5 der AVR Caritas heißt es ua.:
"(1) Mit vollbeschäftigten Mitarbeitern soll auf Antrag eine geringere als die regelmäßige Arbeitszeit vereinbart werden, wenn sie
a) mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder
...
tatsächlich betreuen oder pflegen und dringende dienstliche und betriebliche Belange nicht entgegenstehen.
...
(2) Für Einrichtungen mit mehr als 15 Mitarbeitern gilt im Übrigen § 8 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge."
Das M ist ein Akutkrankenhaus mit 570 Betten, in dem jährlich mehr als 23.000 Patienten behandelt werden. Die durchschnittliche Verweildauer der Patienten, die Ende 2000/Anfang 2001 noch acht bis neun Tage betrug, sank bis zum 1. Quartal 2003 auf fünf bis sechs Tage.
In der Homepage des M heißt es zum Sozialdienst:
"Der Sozialdienst versteht sich als Ergänzung der ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Versorgung.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beraten und begleiten Patienten in ihrer durch Krankheit veränderten Lebenslage und geben Hilfestellung bei den dadurch entstehenden Fragen und Problemen.
Beratungsangebote im Krankenhaussozialdienst:
- persönliche und sozialrechtliche Beratung von krebskranken PatientenVermittlung häuslicher Pflege durch Sozialstation, Organisation von Essen auf Rädern, Hausnotruf und Hilfsmitteln- Beratung, Information und Hilfestellung bei Heimunterbringung, Kurzzeitpflege und TagespflegeAnregung einer gesetzlichen Betreuung, Erstellung einer Altersvorsorgevollmacht- Antragstellung bei Einstufung in die Pflegeversicherung
- Vermittlung von Anschlussheilbehandlung, geriatrischen Rehabilitationsmaßnahmen etc.
- Vermittlung von Kontakten zu Psychologen, Seelsorgern und Selbsthilfegruppen
- Klärung der Versorgung von Familienangehörigen während des Krankenhausaufenthaltes
- Beratung bei Sucht und Suizidgefährdung."
Die Tätigkeitsbeschreibung sieht wie folgt aus:
"Tätigkeitsbereiche Sozialdienst
(MHO, Stand Dezember 2001)
Das Tätigkeitsfeld im Krankenhaussozialdienst des M O gliedert sich in folgende Aufgaben:
1. Beratung und Antragstellung von stationärer Pflegeversicherung
2. Hilfestellung bei der Suche nach einem Heimplatz
3. Vermittlung in die Kurzzeitpflege
4. Klärung von Pflegestufe und Heimpflegebedürftigkeit
5. Klärung des Versicherungsschutzes von Patienten, die keiner gesetzlichen oder privaten Krankenkasse angehören
6. Anregung einer gesetzlichen Betreuung beim Amtsgericht gem. BGB § 1896 ff
7. Beratung zur Altersvorsorgevollmacht
8. sozialrechtliche und persönliche Beratung von Krebspatienten
9. Informationen über Selbsthilfegruppen (Das MHO verfügt seit einiger Zeit über eine Tumorgruppe.)
10. Beratung zu Nachsorgemaßnahmen von Krebspatienten
11. Hilfestellung beim Ausfüllen von Schwerbehindertenausweisen oder Erhöhungsanträgen
12. Vermittlung von Anschlussheilbehandlungen (AHB)
13. allgemeine Beratung zu Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Krankengeld
14. Beschaffung von Kleidungsstücken für nichtsesshafte Patienten
15. Teilnahme am wöchentlichen Treffen des therapeutischen Teams der Station, die mit Schlaganfallpatienten und geriatrischen Patienten belegt ist
16. Vermittlung häuslicher Krankenpflege durch Sozialstation gem. SGB V § 37
17. Beantragung von medizinischen Hilfsmitteln (z.B. Krankenbett, Rollstuhl, etc.)
18. Organisation von "Essen auf Rädern" sowie Hausnotruf
19. Klärung der Versorgung von Familienangehörigen (Kinder, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben) während des Krankenhausaufenthaltes des Patienten gem. SGB V, § 38 Abs. 1
20. und Vermittlung einer Haushaltshilfe nach der Krankenhausentlassung gem. SGB V, § 38, Abs. 2
21. Führen einer monatlichen Statistik
22. Teilnahme am monatlichen Treffen der Krankenhaussozialarbeiter von O und Umgebung."
Der Stellenplan des M weist für den Sozialdienst zwei Vollzeitstellen aus, die mit der Widerklägerin und Frau H besetzt sind. Beide arbeiten mit 38,5 Stunden in Vollzeit. Die Sozialarbeiterinnen sind für jeweils bestimmte Stationen zuständig; in den Stationen A 3 und G 1 ist die Arbeit nach Anfangsbuchstaben der Patientennachnamen verteilt.
Frau H arbeitet:
Montag und Mittwoch von 7.15 - 16.15 Uhr,
Dienstag von 7.15 - 14.15 Uhr,
Donnerstag von 7.15 - 16.45 Uhr,
Freitag von 7.15 - 13.15 Uhr.
Die Widerklägerin arbeitet:
Montag und Donnerstag von 7.00 - 15.00 Uhr,
Dienstag von 7.00 - 16.00 Uhr,
Mittwoch von 7.00 - 15.00 Uhr und von 18.30 - 20.00 Uhr,
Freitag von 7.00 - 13.00 Uhr.
Die Sozialarbeiterinnen erhalten für jeden zu beratenden Patienten ein Formular "Meldung an den Sozialdienst", das von den Ärzten und dem Pflegepersonal ausgefüllt wird und aus dem sich die Indikation für den Sozialdienst ergibt. Auf der Rückseite dieses Formulars vermerken die Sozialarbeiterinnen, was sie veranlasst und mit wem sie Kontakt aufgenommen haben.
Der Widerbeklagte beschäftigt in allen von ihm getragenen Krankenhäusern die im Sozialdienst eingesetzten Sozialarbeiter nur vollzeitig, während von den übrigen Arbeitnehmern mehr als ein Drittel mit verringerter Arbeitszeit arbeiten. Demgegenüber setzt die Ordensgemeinschaft der Thuiner Franziskanerinnen, die ua. Trägerin der in derselben Region gelegenen Krankenhäuser F H und S O ist, im Sozialdienst auch teilzeitbeschäftigte Sozialarbeiter ein.
Die Widerklägerin war bis zum 7. Oktober 2000 in Erziehungsurlaub. Während dieser Zeit wurde sie von dem vollzeitbeschäftigten Sozialarbeiter M vertreten. Beide wünschten nach dem Ende des Erziehungsurlaubs der Widerklägerin eine Teilzeitbeschäftigung. Der Widerbeklagte äußerte Zweifel, ob eine solche möglich sei. Er war nur unter folgenden Bedingungen bereit, dem Wunsch der Widerklägerin und Herrn M Rechnung zu tragen: Die Teilzeitbeschäftigung sollte bis längstens 30. September 2003 befristet sein. Bei früherer Beendigung durch einen der beiden Mitarbeiter behielt er sich ua. das Recht vor, vom verbleibenden Mitarbeiter zur Sicherstellung der Versorgung der Patienten Vollzeitbeschäftigung zu verlangen. Schließlich musste die Abwesenheitsvertretung sichergestellt sein. Damit erklärten sich die Widerklägerin und Herr M einverstanden. Sie vereinbarten mit dem Widerbeklagten im September 2000 eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 19,25 Stunden, befristet bis längstens 30. September 2003. Die Widerklägerin arbeitete fortan vormittags. Ob es zu Beschwerden von Patienten oder Angehörigen kam, weil der "zuständige" Sozialarbeiter nicht zu erreichen war, ist streitig. Herr M beendete das Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch zum 31. März 2001. Seitdem arbeitet die Widerklägerin wieder in Vollzeit.
Unter dem 15. Juni 2001 schrieb die Widerklägerin an die Klinikleitung:
"... hiermit beantrage ich eine Reduzierung meiner Vollzeitbeschäftigung gemäß Paragraph 8 TzBfG zum 01.10.2001 auf eine wöchentliche Teilzeitbeschäftigung im Rahmen von 19,25 Stunden bis 25,00 Stunden. Die gewünschte Verteilung dieser Arbeitszeit würde ich gerne in einem persönlichen Gespräch mit Ihnen abklären.
Die Gründe für meinen Antrag auf Stundenreduzierung sind familiär bedingt, da sich meine familiäre Situation nicht geändert hat und ich meine Tochter Marie sehr ungern weiterhin ganztägig in den Kindergarten gebe. Da ich mich sehr wohl fühle im M und auch weiterhin in diesem Hause tätig sein möchte, würde ich mich über eine Genehmigung meines Antrages sehr freuen."
Der Widerbeklagte lehnte diesen Antrag bis zum 31. August 2001 nur mündlich ab. Mit Schreiben vom 5. September 2001 teilte die Widerklägerin mit, ihr Arbeitsvertrag sei nunmehr zu den von ihr "gewünschten verringerten Stundenzahlen zu ändern". Vorsorglich beantragte sie mit Schreiben vom 28. September 2001, mit Wirkung zum 1. Januar 2002 ihre Arbeitszeit nach § 8 TzBfG auf 19,25 Stunden herabzusetzen. Diesen Antrag lehnte der Widerbeklagte am 18. Oktober 2001 schriftlich ab.
Vor dem Arbeitsgericht haben die Parteien sinngemäß folgende Anträge gestellt:
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Beklagten nicht durch ihren Antrag vom 15. Juni 2001 mit Wirkung ab 1. Oktober 2001 in Teilzeit fort
eführt wird,
hilfsweise
festzustellen, dass der Antrag der Beklagten vom 15. Juni 2001 auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden auf "19,25 Stunden bis 25,00 Stunden" unwirksam ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die vertraglich vereinbarte Vollzeitarbeit sei bereits kraft Gesetzes verringert, weil der Arbeitgeber den Antrag nicht form- und fristgerecht abgelehnt habe. Zumindest habe er ihrem Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, da ihm keine dringenden dienstlichen und betrieblichen Gründe iSv. § 1a Abs. 1 der Anlage 5 zur AVR Caritas entgegenstünden.
Widerklagend hat sie sinngemäß beantragt,
1. festzustellen, dass auf Grund ihres Antrags vom 15. Juni 2001 seit dem 1. Oktober 2001 der zwischen den Parteien bestehende Arbeitsvertrag dahingehend geändert worden ist, dass sie mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden für den Kläger als Diplom-Sozialarbeiterin im Krankenhaussozialdienst des M tätig sein muss;
2. den Kläger zu verurteilen, die Beklagte zu den vorstehend genannten Bedingungen mit 19,25 Stunden zu beschäftigen,
hilfsweise,
den Kläger zu verurteilen, ihrem Antrag zur Reduzierung ihrer vertraglichen Arbeitszeit auf 19,25 Stunden zuzustimmen.
Der Kläger und Widerbeklagte hat beantragt, die Widerklage abzuweisen. Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, die im Sozialdienst eingerichteten Arbeitsplätze seien "unteilbar".
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Widerklägerin nicht auf Grund ihres Antrags vom 15. Juni 2001 in Teilzeit fortgeführt wird. Unter Abweisung der Widerklage im Übrigen hat es den Widerbeklagten verurteilt, dem Antrag der Widerklägerin auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit auf 19,25 Stunden zuzustimmen. Der Verringerung der Arbeitszeit stünden weder dringende betriebliche und dienstliche Belange iSv. § 1a der Anlage 5 zur AVR entgegen noch betriebliche Gründe iSv. § 8 TzBfG.
Hiergegen haben beide Parteien uneingeschränkt Berufung eingelegt und entsprechende Anträge angekündigt. Auf Veranlassung des Landesarbeitsgerichts sind vor dem Landesarbeitsgericht folgende Anträge protokolliert worden:
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 5. September 2002 - 1 Ca 739/01 - teilweise abzuändern und auf die Widerklage den Kläger zu verurteilen, die Beklagte auf ihren Antrag vom 15. Juni 2001 als Diplom-Sozialarbeiterin im Krankenhaussozialdienst des M in O mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden zu den im Übrigen unveränderten Bedingungen des Anstellungsvertrages vom 9. November 1993 zu beschäftigen,
hilfsweise
den Kläger zu verurteilen, dem Antrag der Beklagten vom 28. September 2001 auf Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit auf 19,25 Stunden zuzustimmen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Im Übrigen haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Das Landesarbeitsgericht hat durch das am Schluss der mündlichen Verhandlung verkündete Urteil die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen und ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Außerdem hat es die Erledigung der weiteren Anträge festgestellt. Nach Anhörung und mit Zustimmung der Parteien hat das Landesarbeitsgericht den Urteilstenor durch Beschluss vom 12. Mai 2003 berichtigt. Es hat nunmehr unter Zurückweisung der Berufung der Widerklägerin auf die Berufung des Widerbeklagten das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Widerklage insgesamt abgewiesen. Im Übrigen hat es die Erledigung von Klage und Widerklage festgestellt. Die Widerklägerin hat die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision eingelegt. Mit ihr verfolgt sie nur noch den auf eine Beschäftigung mit bereits verringerter Arbeitszeit gerichteten Hauptantrag sowie den Hilfsantrag auf eine etwa noch erforderliche Zustimmung zu der beantragten Arbeitszeitverringerung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts, soweit es den Antrag der Widerklägerin auf Zustimmung zur Verringerung der Arbeitszeit auf 19,25 Stunden/Woche abgewiesen hat. Insoweit hat die Widerklage Erfolg. Die weitergehende Revision ist unbegründet.
A. Die Revision ist zulässig.
I. Sie ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Widerklägerin ist durch das Urteil beschwert. Das Landesarbeitsgericht hat ihre Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgericht zurückgewiesen und auf die Berufung des Widerbeklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Widerklage insgesamt abgewiesen.
II. Die von Amts wegen zu prüfenden Prozessfortsetzungsvoraussetzungen liegen vor. Beide Parteien haben gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berufung eingelegt, soweit sie durch das Urteil beschwert waren. Die Rechtsmittel sind form- und fristgerecht eingelegt worden.
III. Das Berufungsurteil leidet an keinem sonstigen von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel; insbesondere ist es nicht über die von den Parteien gestellten Anträge hinausgegangen.
1. Das Landesarbeitsgericht hat die Erklärungen der Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung dahin ausgelegt, sie hätten trotz des entgegenstehenden Wortlauts der Protokollierung über die vom Widerbeklagten eingelegte Berufung verhandelt. Es hat angenommen, der Widerbeklagte habe die Abänderung des ihn beschwerenden Urteils des Arbeitsgerichts beantragt und hat deshalb den verkündeten Urteilsspruch entsprechend berichtigt. Dem hat der Widerbeklagte vorab ausdrücklich zugestimmt. Damit hat er zugleich erklärt, seine in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht abgegebenen prozessualen Erklärungen dahin richtig zu stellen, dass er nicht nur die Zurückweisung der Berufung der Widerklägerin, sondern auch die Abänderung des ihn beschwerenden Urteils des Arbeitsgerichts erreichen wolle. Eine solche "Berichtigung" ist ausnahmsweise zulässig (vgl. BGH 8. März 1988 - VI ZR 234/87 - NJW 1988, 2540). Das gilt jedenfalls, wenn - wie hier - bei der vom Gericht veranlassten Protokollierung der Irrtum offensichtlich ist und der Prozessgegner dem nicht widerspricht.
Das Berufungsgericht ist somit nicht über die gestellten Anträge hinausgegangen (zu § 308 ZPO als von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel Senat 18. Februar 2003 - 9 AZR 164/02 - AP TzBfG § 8 Nr. 2 = EzA TzBfG § 8 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Das der Widerklage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts ist nicht in Rechtskraft erwachsen. Es kann deshalb dahin stehen, ob Sachanträge konkludent gestellt werden können und ob das Fehlen von Sachanträgen von Amts wegen zu berücksichtigen ist (vgl. hierzu BAG 4. Dezember 2002 - 5 AZR 556/01 - AP ZPO § 333 Nr. 1 = EzA ZPO § 333 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
B. Die Revision ist teilweise begründet.
I. Der mit der Revision angefallene Hauptantrag auf Beschäftigung mit einer bereits 2001 geänderten Arbeitszeit ist zulässig.
1. Der Antrag auf Beschäftigung als Diplom-Sozialarbeiterin mit verringerter Arbeitszeit ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Mangelnde Bestimmtheit ergibt sich entgegen der Ansicht des Widerbeklagten nicht aus der fehlenden Angabe, auf welche Tage/Stunden die verringerte Arbeitszeit verteilt sein soll. Damit ist lediglich deutlich gemacht, dass die Verteilung der Arbeitszeit (weiterhin) dem Weisungsrecht des Widerbeklagten unterliegt. Das schließt zwar nicht aus, dass die vom Widerbeklagten nach billigem Ermessen zu bestimmende Lage der Arbeitszeit zwischen den Parteien streitig wird. Diese Frage betrifft aber nicht den von der Widerklägerin hier geltend gemachten Anspruch, der die Dauer der wöchentlich vereinbarten Arbeitszeit betrifft.
2. Auch das Fehlen eines Datums, zu dem die Beschäftigung mit der verringerten Arbeitszeit beginnen soll, macht den Antrag nicht unbestimmt. Die Widerklägerin hat ersichtlich den Beginn der Beschäftigung mit einer seit 2001 verringerten Arbeitszeit an den Erlass eines zu ihren Gunsten ergehenden Urteils geknüpft.
II. Der Hauptantrag ist unbegründet: Die wöchentliche Arbeitszeit der Widerklägerin ist nicht auf Grund des Antrags vom 15. Juni 2001 zum 1. Oktober 2001 auf 19,25 Stunden/Woche verringert worden. Mangels Vertragsänderung bestand auch vor einer Verurteilung des Widerbeklagten zur Erteilung der Zustimmung kein Anspruch auf Beschäftigung zu der gewünschten wöchentlichen Arbeitszeit.
1. Nach § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG gilt die vom Arbeitnehmer beantragte Arbeitszeitverringerung als vereinbart, wenn der Arbeitgeber den fristgerecht gestellten Antrag des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit nicht spätestens einen Monat vor dem geplanten Beginn der Vertragsänderung schriftlich ablehnt. Diese gesetzlich bestimmte Form hat der Widerbeklagte nicht gewahrt. Er hat den Antrag nur mündlich und damit rechtsunwirksam abgelehnt (§ 125 Satz 1 BGB).
Entgegen der Auffassung des Widerbeklagten ist der Formmangel nicht wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unbeachtlich. Zwar war der Widerklägerin bekannt, dass ihr Arbeitgeber grundsätzlich Teilzeittätigkeit im Sozialdienst ablehnt. Dieser Umstand lässt die Berufung auf den Formmangel aber noch nicht als treuwidrig erkennen. Das macht schon die gesetzliche Konzeption zur Durchsetzung des Teilzeitanspruchs deutlich. Nach ihr sollen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die künftige Arbeitszeit verständigen. Diesem Ziel dient die Obliegenheit des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer den Antrag zu erörtern (§ 8 Abs. 2 TzBfG). Eine solche Erörterung schließt regelmäßig die Möglichkeit ein, dass kein Einvernehmen gefunden wird und der Arbeitgeber den Antrag schon im Erörterungsgespräch ablehnt. Gleichwohl hat er nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung zur Vermeidung der Zustimmungsfiktion seine Ablehnung nochmals form- und fristgerecht schriftlich zu formulieren. Das dient auch der Transparenz: Der Arbeitnehmer muss Gewissheit haben, ob die Zustimmungsfiktion des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG eintritt.
2. Hier fehlte es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Zustimmungsfiktion.
a) Das folgt entgegen der Auffassung des Widerbeklagten allerdings nicht bereits daraus, dass die Widerklägerin nicht angegeben hat, zu welchen Zeiten die verringerte Arbeitszeit erbracht werden soll. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG "muss" der Arbeitnehmer den Umfang der Verringerung angeben; nach Satz 2 "soll" er die
ewünschte zeitliche Lage der Arbeitszeit mitteilen. Diese unterschiedliche Behandlung von Verringerung der Arbeitszeit und deren Verteilung wird in § 8 Abs. 5 TzBfG aufgegriffen. Fehlt ein Verteilungswunsch, beschränkt sich die Fiktion auf die Verringerung der Arbeitszeit nach Maßgabe des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG. Es besteht dann kein Raum für die gesondert in § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG geregelte Fiktion der Zustimmung zur Verteilung der Arbeitszeit, sondern der Arbeitgeber hat nach den Grundsätzen billigen Ermessens die Verteilung festzusetzen (§ 106 GewO).
b) Der Antrag des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit nach Maßgabe des § 8 TzBfG stellt ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags iSv. § 145 BGB dar (vgl. Senat 18. Februar 2003 - 9 AZR 164/02 - AP TzBfG § 8 Nr. 2 = EzA TzBfG § 8 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Ein solches Angebot muss nach allgemeinem Vertragsrecht so formuliert sein, dass es mit einem einfachen "Ja" angenommen werden kann (Palandt/Heinrichs BGB 63. Aufl. § 145 Rn. 1). Für den Verringerungsantrag gilt schon wegen der Fiktion des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG nichts anderes. Der Inhalt des zwischen den Parteien kraft Gesetzes zustande kommenden Arbeitsvertrags muss feststehen. Die Auslegung des Schreibens der Widerklägerin (§ 133 BGB) führt nicht zu der gebotenen Bestimmtheit.
Dort hat die Widerklägerin angegeben, sie wolle künftig im "Rahmen von 19,25 Stunden bis 25 Stunden/Woche" arbeiten. Nach eigenem Vorbringen wollte sie damit dem Widerbeklagten die Möglichkeit eröffnen, innerhalb dieser Zeitspanne die künftige Vertragsarbeitszeit festzulegen. Ein Vertrag über die Dauer der künftigen Arbeitszeit konnte damit nur zustande kommen, wenn der Widerbeklagte sich für eine in diesem Rahmen liegende konkrete Arbeitszeit entschieden hätte. Das ist mehr als ein schlichtes "Ja", wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben. Dass das Landesarbeitsgericht die nichttypische Erklärung der Widerklägerin rechtsfehlerhaft ausgelegt hätte, ist nicht ersichtlich.
III. Der Hilfsantrag ist ausschließlich auf Zustimmung zur Änderung des Arbeitsvertrags gerichtet. Er ist begründet. Denn die Widerklägerin hat Anspruch auf Zustimmung des Widerbeklagten zur Verringerung der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit auf 19,25 Stunden/Woche. Der Anspruch ergibt sich aus § 1a Abs. 1 der Anlage 5 zur AVR Caritas.
1. Nach dieser Vorschrift soll mit vollzeitbeschäftigten Mitarbeitern und mit teilzeitbeschäftigten Mitarbeitern nach Unterabs. 5 eine geringere Arbeitszeit vereinbart werden, wenn sie mindestens ein Kind unter 18 Jahren tatsächlich betreuen und dringende dienstliche und betriebliche Belange nicht entgegenstehen. Die Vorschrift ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft einzelvertraglicher Vereinbarung anzuwenden. Die Klägerin betreut "tatsächlich" ein Kind unter 18 Jahren.
2. § 1a Abs. 1 der Anlage 5 zur AVR Caritas begründet, wie der Senat zu der gleichlautenden Regelung in § 15b BAT bereits entschieden hat, trotz der Formulierung als "Soll-Vorschrift" unter den in der Vorschrift näher bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Änderung der Vertragsarbeitszeit (Senat 18. März 2003 - 9 AZR 126/02 - AP TzBfG § 8 Nr. 3 = EzA TzBfG § 4 Nr. 4, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu § 15b BAT).
3. Der Anspruch ist nicht durch die zwischen den Parteien zunächst bis 30. September 2003 vereinbarte und zum 31. März 2001 beendete Verringerung der Arbeitszeit ausgeschlossen. Das gilt auch dann, wenn die Parteien die Arbeitszeit mit Blick auf § 1a Abs. 1 der Anlage 5 zur AVR Caritas verringert haben sollten.
Der Wortlaut der Vorschrift bietet für die Auslegung des Widerbeklagten, der Mitarbeiter könne den Anspruch für jedes Kind nur "einmal" geltend machen, keinen Anhalt. Ein solcher "Verbrauch" des Verringerungsanspruchs ist auch mit dem ersichtlich verfolgten Zweck der Regelung unvereinbar. In Familienaufgaben eingebundene Mitarbeiter sollen ein Mehr an Freiraum gewinnen, um sich ihrem minderjährigen Kind widmen zu können. Der Betreuungsaufwand ist von vielen Faktoren abhängig und kann nicht sicher eingeschätzt werden. Dem trägt die kirchliche Regelung mit der Möglichkeit Rechnung, die Teilzeitbeschäftigung zu befristen sowie eine befristete Teilzeitbeschäftigung zu verlängern (§ 1a Abs. 1 Unterabs. 2 der Anlage 5 zur AVR Caritas). Ziel ist eine flexible, auf die jeweiligen Bedürfnisse von Kind/Eltern abgestimmte Arbeitszeit. Die Auffassung des Widerbeklagten führte zu dem kaum zu vermittelnden Ergebnis, der kirchliche Arbeitgeber könne die Mutter/den Vater trotz bestehenden Betreuungsbedarfs eines minderjährigen Kindes an der vertraglichen Arbeitszeit fest halten, obwohl der Arbeitszeitverringerung keine dringenden dienstlichen und betrieblichen Gründe entgegenstehen.
Dass die Klägerin im Zusammenhang mit der damaligen Verringerung der Arbeitszeit auf die Rechte aus § 1a der Anlage 5 zur AVR Caritas verzichtet hätte, ist dem Vorbringen des Widerbeklagten nicht zu entnehmen.
4. Die Vorinstanzen sind zu Recht ohne weiteres davon ausgegangen, dass der Anspruch aus § 1a Abs. 1 der Anlage 5 zur AVR Caritas wegen der unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen und des unterschiedlichen Inhalts des Anspruchs durch § 8 TzBfG nicht verdrängt wird (vgl. zu § 15b BAT BAG 18. März 2003 - 9 AZR 126/02 - AP TzBfG § 8 Nr. 3 = EzA TzBfG § 4 Nr. 4, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Davon geht auch Abs. 2 der Vorschrift aus. Danach gilt für Einrichtungen mit mehr als 15 Mitarbeitern "im Übrigen" die gesetzliche Vorschrift. Diese Mitarbeiter können mithin Ansprüche nach beiden Regelungen verfolgen.
5. Die vom Widerbeklagten im Hinblick auf den gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erhobenen Bedenken (Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV) sind hier unbeachtlich. Mit ihrer eigenständigen Regelung hat die katholische Kirche für den Caritas selbst festgelegt, dass sich die Interessen des Mitarbeiters gegenüber den Interessen des kirchlichen Arbeitgebers den Vorrang verdienen, sofern keine dringenden dienstlichen Belange entgegenstehen.
6. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Verringerungsanspruch stünden dienstliche Gründe entgegen. Dabei hat es auf das vom Widerbeklagten vorgetragene Konzept des "Nähe- und Vertrauensverhältnisses" zwischen Patient und Sozialdienstmitarbeiter abgestellt. Das vom Krankenhausträger verfolgte Ziel einer umfassenden Begleitung der Patienten als Werk christlicher Nächstenliebe sei "effektiv" und "bestmöglich" nur zu leisten, wenn sich die Mitarbeiter des Sozialdienstes so weit als möglich der Betreuung der Patienten widmen könnten und der Verwaltungs- und Koordinationsaufwand so gering wie möglich gehalten werde. Die Aufteilung einer Vollzeitstelle auf zwei Teilzeitbeschäftigte führe dagegen zwangsläufig zu vermehrter Abstimmung und wegen der verringerten Anwesenheitszeit zu Koordinierungsaufwand. Der jeweilige Teilzeitbeschäftigte stünde nur in einem geringeren Zeitraum zu Auskünften zur Verfügung. Der dann wegen der Abwesenheit der Teilzeitkraft angesprochene Kollege sei auf einen Einblick in die Begleitkarte "Meldung an den Sozialdienst" angewiesen, was allein schon zu Zeitverlusten führe. Dagegen könne der für den Patienten "zuständige" Mitarbeiter Anfragen regelmäßig schon allein auf Grund seiner eigenen Befassung beantworten.
7. Mit dieser Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden.
a) Der Senat hat in der Entscheidung zu § 15b BAT nicht ausdrücklich auf das Prüfschema zurückgegriffen, das er zu den "betrieblichen" Ablehnungsgründen iSv. § 8 TzBfG entwickelt hat (Senat 18. Februar 2003 - 9 AZR 164/02 - AP TzBfG § 8 Nr. 2 = EzA TzBfG § 8 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Inhaltlich ergeben sich abgesehen von dem unterschiedlichen Gewicht der Ablehnungsgründe keine Unterschiede. Die zu prüfenden Merkmale und der Umfang der Prüfkompetenz der Gerichte für Arbeitssachen entsprechen sich:
aa) Festzustellen ist zunächst, welches betriebliche Organisationskonzept der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung zugrunde liegt. Organisationskonzept ist das Konzept, mit dem die unternehmerische Aufgabenstellung im Betrieb verwirklicht werden soll. Das Organisationskonzept muss die Arbeitszeitregelung bedingen. Ob ein solches Konzept besteht, auch tatsächlich durchgeführt wird und ob sich daraus das vorgetragene Arbeitszeitmodell ergibt, ist von den Gerichten für Arbeitssachen voll zu überprüfen. Nicht zu überprüfen ist die Entscheidung des Arbeitgebers, welche Aufgaben er betrieblich verfolgt und die sich daraus ergebenden Folgeentscheidungen, soweit sie nicht willkürlich sind.
In einer zweiten Stufe ist zu prüfen, inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegensteht. Dabei ist auch der Frage nachzugehen, ob durch eine dem Arbeitgeber zumutbare Änderung von betrieblichen Abläufen oder des Personaleinsatzes die betrieblich erforderliche Arbeitszeitregelung unter Wahrung des Organisationskonzepts mit dem individuellen Arbeitszeitwunsch des Arbeitnehmers zur Deckung gebracht werden kann.
Können die beiderseitigen Interessen nicht in Einklang gebracht werden, so ist zuletzt das objektive Gewicht der vom Arbeitgeber vorgetragenen Beeinträchtigung zu prüfen.
bb) Dringende dienstliche und betriebliche Belange im Sinne von § 1a der Anlage 5 zur AVR Caritas liegen vor, wenn sie der Verkürzung der Arbeitszeit als "zwingende Hindernisse" entgegenstehen. Insoweit gilt nichts anderes als für die wortgleiche Vorschrift des § 15b BAT. Auch dem kirchlichen Arbeitgeber ist bei der Entscheidung über die Verringerung der Arbeitszeit kein Ermessen eingeräumt. Seine Interessen an der Beibehaltung der bisherigen Arbeitszeit und die Interessen des Arbeitnehmers an deren Veränderung sind nicht abzuwägen. Das wirkt sich andererseits auf die Rechtsstellung des Arbeitnehmers aus. Gibt es entgegenstehende Gründe, kann er keine vertragliche Verringerung seiner Arbeitszeit beanspruchen, so nachvollziehbar und wichtig seine Interessen an einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sein mögen. Dieses "Alles- oder Nichtsprinzip" bedingt zugleich, dass nur wirkli
h objektiv gewichtige Gründe des kirchlichen Arbeitgebers geeignet sind, die Ablehnung des Antrags zu rechtfertigen (Senat 18. März 2003 - 9 AZR 126/02 - AP TzBfG § 8 Nr. 3 = EzA TzBfG § 4 Nr. 4, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
b) Gemessen daran ist entgegen der Behauptung des Widerbeklagten der Arbeitsplatz der Widerklägerin als Mitarbeiterin des Sozialdienstes nicht unteilbar.
aa) Die Einrichtung eines Sozialdienstes an einem Krankenhaus ist keine spezifisch von kirchlichen Trägern wahrgenommene Aufgabe. Nach § 112 Abs. 2 SGB V sind in den zweiseitigen Verträgen und in den Rahmenempfehlungen über Krankenhausbehandlung Regelungen vorzusehen über "die soziale Betreuung und Beratung der Versicherten im Krankenhaus" (Nr. 4) sowie zum "nahtlosen Übergang von der Krankenhausbehandlung zur Rehabilitation oder Pflege" (Nr. 5). Die der gesetzlichen Vorgabe entsprechende Entscheidung des Widerbeklagten, Patienten über die ärztliche, pflegerische und therapeutische Betreuung hinaus Leistungen des Sozialdienstes auf der Grundlage praktizierter christlicher Nächstenliebe anzubieten, ist von den Gerichten für Arbeitssachen zu respektieren.
bb) Das gilt auch für die Zielvorgabe des Widerbeklagten, der Sozialdienst habe zum Patienten ein "Nähe- und Vertrauensverhältnis" aufzubauen, um ihm den schwierigen Übergang vom Krankenhausaufenthalt in den Alltag zu erleichtern. Erforderlich sei deshalb Personalkontinuität. Diese Konzeption ist nicht schon deshalb unbeachtlich, weil - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - das Ziel wegen der Rahmenbedingungen ohnehin nicht erreichbar sei. Kostendruck durch Fallpauschalen, kurze Verweildauer der Patienten, Anzahl der zu betreuenden Patienten und zunehmende Erosion familiärer Hilfen veranschaulichen lediglich die Schwierigkeiten, unter denen der Sozialdienst seine vielfältigen und verantwortungsvollen Aufgaben zu bewältigen hat. Die Aufgabe des Sozialdienstes hat sich vor diesem Hintergrund zwar nach der eigenen Einschätzung des Widerbeklagten im Wesentlichen zum "Koordinierungsmanagement" entwickelt. Das stellt den von ihm angestrebten Qualitätsstandard "Nähe- und Vertrauensverhältnis" aber nicht in Frage.
cc) Indessen ergibt sich daraus nicht die behauptete Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes der Widerklägerin.
(1) Das zeigt schon die bisherige Arbeitsorganisation. Danach sind die Patienten jeweils einer Sozialarbeiterin zugeordnet. Diese ist für sie "zuständig". Die personelle Zuordnung nach Station/Alphabet stellt sicher, dass Patient und Angehörige ihre Ansprechpartnerin kennen. Ist die "zuständige" Sozialarbeiterin nicht anwesend, findet eine Vernetzung über die "Begleitkarte" statt, der die für eine weitere Beratung maßgeblichen Informationen zu entnehmen sind. In dieses System lässt sich bei Halbierung der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft zwanglos eine weitere Arbeitskraft einfügen.
Die Gesamtzahl der Patienten ändert sich nicht. Die Stationen/Patienten sind lediglich einem anderen Mitarbeiter zuzuordnen. Die Verteilung der im Sozialdienst anfallenden Aufgaben auf drei statt wie bisher auf zwei Mitarbeiterinnen führt lediglich zu einer Halbierung der von der Widerklägerin bisher betreuten Stationen und, soweit die Patienten einer Station nach dem Alphabet zugeordnet sind, zu einer entsprechenden weiteren Untergliederung. Für die Patienten und ihre Angehörigen ergeben sich - abgesehen von der zu vernachlässigenden Übergangszeit des Wechsels auf zwei Teilzeitstellen - keine Folgen. Es bliebe bei der Aufgabenverteilung nach Station/Alphabet. Der einzelne Patient hätte grundsätzlich nur mit "seiner" Sozialarbeiterin oder "seinem" Sozialarbeiter zu tun und bei Abwesenheit mit der "Vertretung". Für die Angehörigen der Patienten gilt nichts anderes. Die vom Widerbeklagten angestrebte Personalkontinuität wird somit nicht in Frage gestellt.
(2) Entgegen der Ansicht des Widerbeklagten ist es unerheblich, dass bei Teilzeitbeschäftigten sich zwangsläufig die Dauer ihrer Anwesenheitszeit und damit die Zeit der "Ansprechbarkeit" verringert. Diese Begründung ist für das Konzept "Betreuung aus einer Hand" nicht tragend. Der Aspekt der "Ansprechbarkeit" der im Sozialdienst Tätigen besagt nur, dass "der" Sozialdienst seiner Aufgabe als "Schnittstelle" zwischen Krankenhaus und anschließender Unterbringung des Patienten nur gerecht werden kann, wenn Patienten und Angehörige über die von den Ärzten und Therapeuten für erforderlich gehaltene Unterbringung und die daraufhin vom Sozialdienst eingeleiteten Maßnahmen informiert sind. Dieser muss zur Erteilung von Auskünften in der Lage und für Fragesteller erreichbar sein. Das ist keine Frage der Alternative "Vollzeit- oder Teilzeit", sondern eine solche der Arbeitsorganisation. Es geht insbesondere um die Information über die jeweiligen Sprechzeiten und welcher Mitarbeiter für welche Stationen/Patienten "zuständig" ist. Der verringerten Arbeitszeit von Teilzeitkräften steht eine entsprechend geringere Zahl von Patienten gegenüber. Insgesamt verfügt der Sozialdienst über dieselbe Arbeitszeitkapazität.
dd) Das vom Landesarbeitsgericht als Ablehnungsgrund anerkannte Anliegen des Widerbeklagten, den Sozialdienst "bestmöglich, effektiv" zu gestalten, beinhaltet kein von den Gerichten für Arbeitssachen hinzunehmendes Organisationskonzept, dass den Ausschluss von Teilzeitarbeit bedingt. Dass ein Arbeitgeber effizient arbeiten, Reibungsverluste vermeiden und den Verwaltungsaufwand so gering wir möglich halten will, ist selbstverständliches Ziel jeder Planung von Arbeitsabläufen und der Einrichtung von Arbeitsplätzen. Stets gilt, den Anteil der nicht unmittelbar der Arbeitsaufgabe dienenden Tätigkeiten so gering wie möglich zu halten und sog. unproduktive Zeiten zu minimieren. Für den Sozialdienst eines Krankenhauses bestehen insoweit keine Besonderheiten.
c) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
aa) Die Einführung des Anspruchs auf Verringerung der Arbeitszeit durch § 1a der Anlage 5 zur AVR Caritas macht deutlich, dass die mit einer Arbeitsplatzteilung einhergehenden Reibungsverluste und Arbeitsablaufstörungen vom Arbeitgeber grundsätzlich hinzunehmen sind. Das schließt nicht aus, dass sie im Einzelfall ein derartiges Gewicht erlangen und deshalb wegen der unvermeidlichen negativen Auswirkungen ein Splitten des Arbeitsplatzes ausscheidet. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Arbeitgeber darzulegen und ggf. zu beweisen.
bb) Aus dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Parteivorbringen lassen sich auch unter Berücksichtigung der umfangreichen Ausführungen des Widerbeklagten im Termin der mündlichen Berufungsverhandlung solche gewichtigen Umstände nicht entnehmen.
(1) Das gilt zunächst für die vom ihm behaupteten "negativen Erfahrungen", die er während der vorübergehenden Teilzeitbeschäftigung der Widerklägerin in den Jahren 2000/2001 gemacht haben will. Die behaupteten Beschwerden wegen der Nichterreichbarkeit der "zuständigen" Sozialarbeiterin oder des "zuständigen" Sozialarbeiters sind weder nach Anzahl noch nach Daten konkretisiert. Es wird nicht einmal deutlich, ob einer der beiden Teilzeitbeschäftigten nachgefragt waren oder aber die Vollzeitkraft.
(2) Die vom Landesarbeitsgericht zu Gunsten des Widerbeklagten berücksichtigte verringerte Anwesenheit einer Teilzeitkraft im Krankenhaus mit der Folge, dass nachfragenden Patienten/Angehörigen nur mit Hilfe der "Begleitkarte" Auskünfte erteilt werden könnten und dadurch Zeitverluste einträten, überzeugt nicht. Da die Arbeitszeiten der im Sozialdienst Beschäftigten ohnehin nur einen Bruchteil der Zeiten abdecken, in denen das Krankenhaus dienstbereit ist, bedarf es der Information über die jeweiligen Sprechzeiten. Das ergibt sich schon aus dem Umstand, dass auch die beiden Vollzeitkräfte nicht stets gleichzeitig anwesend sind. Ihre überlappenden Arbeitszeiten bedingen daher ohnehin die allgemeine Kundgabe ihrer jeweiligen Sprechzeiten.
(3) Der pauschale Hinweis auf einen spürbar vermehrten Dokumentationsbedarf bei Arbeitsplatzteilung greift ebenfalls nicht durch. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts dient die für jeden Patienten auszufüllende Begleitkarte der Information, was im Einzelnen auf der Grundlage der medizinischen Indikation veranlasst worden ist. Sicherzustellen ist, dass geplante und ungeplante Abwesenheitszeiten der zuständigen Sozialarbeiterin durch die andere Vollzeitkraft überbrückt werden können, um die Kontinuität der Hilfestellung nicht zu gefährden. Nicht ersichtlich ist, dass der Umfang der gebotenen Vermerke deshalb erweitert werden müsste, weil die Zahl der zur Vertretung zur Verfügung stehenden Mitarbeiter vergrößert würde.
(4) Dass sich der "Koordinationsbedarf" bei einer Verteilung der Aufgaben auf "mehr Köpfe" steigert und "Reibungsverluste" durch "Übergaben" entstehen, kann unterstellt werden. Dem Vorbringen des Widerbeklagten ist jedoch mangels jeglicher Konkretisierung nicht zu entnehmen, diese Umstände hätten ein derartiges Gewicht, dass sie zwingend den Einsatz von ausschließlich Vollzeitkräften erforderten.
(5) Soweit der Widerbeklagte auf die Gefahr verweist, Mängel im Sozialdienst könnten zu einer Verlängerung der Verweildauer von Patienten führen, die wegen der Abrechnung nach Fallpauschalen auf seine Kosten ginge, rechtfertigt das keine Ablehnung. Dass eine Arbeitsplatzteilung diese "Gefahr" vergrößere, hat der Beklagte nicht konkretisiert. Er vernachlässigt, dass dem Sozialdienst bei Arbeitsplatzteilung nicht ein Weniger an Arbeitszeitkapazität zur Verfügung steht.
(6) Da die Widerklägerin dem Widerbeklagten die Einteilung der verringerten Arbeitszeit überlässt, ist er selbst in der Lage, die verringerte Arbeitszeit so zu legen, dass eine "optimale" Patientenberatung sicher gestellt wird. Eine patientenfreundliche Planung des Einsatzes am Nachmittag oder - wie bisher - am Abend ist möglich.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Widerbeklagte keine dringenden dienstlichen oder betrieblichen Belange dargelegt hat, die der Verringerung der Arbeitszeit der Widerklägerin entgegenstehen.
d) Der Senat kann in der Sache entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), denn wie in der Revisionsverhandlung deutlich wurde, hat der Widerbeklagte abschließend vorgetragen.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.
Düwell Zwanziger Reinecke
Vermerk:
Der ehrenamtliche Richter Trümner ist an der Unterschrift verhindert. Er ist nach dem Beschluss des BAG vom 5. September 2004 1 AS 6/03 unter Beendigung der Amtszeit aus dem Senat ausgeschieden.
Düwell B. Lang
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